laut.de-Biographie
Cassandra Jenkins
"Und umso mehr wir mit dem Fakt Frieden schließen, dass sich Dinge in jedem Moment an jedem Tag verändern, desto mehr können wir die Reise genießen. Das ist einfacher gesagt als getan, besonders, wenn es um Krankheit, Trauer oder Verlust geht."
Wenn Cassandra Jenkins auf ihrem zweiten Album "An Overview On Phenomenal Nature" etwas vermitteln will, dann, dass sich Dinge ändern, dass aus etwas Schlechtem Gutes werden kann - und andersrum. Eine Erkenntnis, die sie häufiger erlebt, etwa 2019, als kurz vor dem Beginn der gemeinsamen Tour David Berman, Frontmann der Purple Mountains, Selbstmord begeht und Jenkins plötzlich ohne Auftrag in Norwegen sitzt. Schließlich sind es aber diese Erfahrungen, die Schilderungen von Verlust und Verlorensein, die die Platte so stark machen. Den Tod des Musikers verarbeitet Jenkins vor allem in den beiden Songs "New Bikini" und "Ambiguous Norway".
Die New Yorkerin wächst in einer Musiker*Innen-Familie auf und heimst mit ihrem Debüt "Play Till You Win" 2017 viel Lob und Vergleiche mit George Harrison und Emmylou Harris ein. Im Anschluss ist sie erst mal als Bandmitglied gefragt und spielt unter anderem mit Eleanor Friedberger, Craig Finn und Lola Kirke.
Der Fakt, dass es in der Familie ihres Vaters viele Tierärzt*Innen gibt, erklärt für sie ihre Faszination für Natur, die in ihren Texten immer wieder aufblitzt. Daneben kann sie auch für das Alltägliche und Zwischenmenschliche begeistern. Das wiederum führt dazu, dass sie vieles von dem, was sie erlebt, auf die eine oder andere Art dokumentiert: "Es gibt Phasen, da ist es fast wie bei Eltern, die alles aufnehmen, was ihre Kinder in ihren ersten Jahren so machen und ich denke dann: 'Ich werde mir das nie wieder angucken', aber irgendwie nehme ich zwanghaft auf" (im Our Culture Magazine).
Ihre Faszination für den stetigen Wandel führt 2019 auch dazu, dass sie eine ganze Reihe von geschriebenen Songs verwirft, weil sie zu ihrem derzeitigen Leben nicht mehr passen. Die Stücke, die dann auf "An Overview On Phenomenal Nature" zu hören sind, schreibt sie in drei Monaten. Mit dem Produzenten und Multiinstrumentalisten Josh Kaufman spielt Jenkins die Titel dann in nur einer Woche ein. Dennoch gelingt es den beiden, den Songs eine fast schon gespenstische Ruhe zu verleihen. Den instrumentalen Albumcloser "The Ramble" nimmt sie abseits davon während des ersten Lockdowns im April 2020 auf.
Ihr Meisterwerk ist dabei "Hard Drive", ein verjazzter Track mit Spoken Word-Passagen, in denen Jenkins eindrucksvollen Begegnungen Tribut zollt, so etwa mit einer Sicherheitsbeamtin in einem New Yorker Museum, die ihr etwas über die Verbundenheit des Menschen mit der Natur erzählt. Die Texte schwanken zwischen konzise und assoziativ, gefallen mal durch ihre Aussagekraft und mal durch ihren Interpretationsspielraum. In "Hard Drive" zitiert sie gegen Ende ihre Freundin Perry:
"I ran into Perry at Lowell's place / Her gemstone eyes caught my gaze / She said, "oh, dear, I can see you've had a rough few months / But this year / It's gonna be a good one / I'll count to three and tap your shoulder / We're gonna put your heart back together."
Dabei hat ihre Musik selbst das Potential, Menschen in Heilungsprozessen zu unterstützen. Cassandra Jenkins bietet Poesie, Ruhe und erbauliche Botschaften. Weil dazu auch noch die Musik begeistert, vor allem mit Jazz-Anklängen und Saxophon-Einwürfen, ist es einfach, Jenkins zu bewundern.
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