laut.de-Kritik
Die Kalifornier haben noch lange nicht fertig.
Review von Kai ButterweckWenn eine seit über zwanzig Jahren aktive Band nach der Veröffentlichung eines Live-Albums auch noch ein Cover-Album hinterher schiebt, dann klingeln bei eingefleischten Fans sofort die Alarmglocken. So auch im Fall der Counting Crows, die mit ihren beiden letzten Outputs dafür sorgten, dass sich bei Anhängern der Amerikaner Angstzustände breit machten. Dieser Tage dürfen sich jedoch alle Fans der Band wieder beruhigen. Mit ihrem neuen Album beweisen die Mannen um Ausnahme-Frontmann Adam Duritz nämlich, dass sie entgegen der Vermutung vieler Kritiker und Zweifler, noch zu jeder Menge Großtaten im Stande sind.
Bereits der fast schon epochale achtminütige Opener "Palisades Park" vereint so ziemlich alles, was die Band seit ihrem Über-Debüt "August And Everything" groß gemacht hat. Eingängige Indierock-Harmonien, angelehnt an die mächtigen Vorbilder aus den Siebzigern, im Verbund mit dynamischen Spielereien, sowie einer Stimme im Vordergrund, der man sich als Freund markanter Organe nicht entziehen kann: Schon der Einsteiger sorgt für den ersten Kniefall.
Doch es kommt noch besser. Beschwingte Rock-Juwelen à la "Dislocation" oder "Elvis Went To Hollywood" lassen den Großteil heutiger Veröffentlichungen ziemlich alt aussehen. Frischer und spielfreudiger denn je zelebrieren die Amerikaner ihre abenteuerlustige Mixtur aus klassischem Rock, urbanem Folk und aufputschendem Ü-40-Pop in allen Formen und Farben.
Obendrauf gibts noch intelligente Texte mit Aussagekraft, fernab von standardisiertem Gejammer. Auf reinen Emotionen basierend lädt Sänger Adam Duritz zu einer intensiven fiktionalen Reise in sein innerstes Ich. Dabei geht es um die Erfahrungen eines Mannes, der in den vergangenen zwanzig Jahren zwischen grenzenloser Freiheit und Isolation so ziemlich alles durchlebt hat, was das Musikerleben so bereithält.
All diese Anekdoten und kleinen Geschichten werden von Reminiszenzen voll von Leidenschaft und Leben ummantelt. Mit dem zusätzlichen Gespür für punktuelle Ruhephasen ("God Of Ocean Tides", "Possibility Days"), in denen die Band zwischen Piano- und Akustikgitarren-Welten spazierend wahlweise hoffnungsvoll oder klagend gen Himmelszelt blickt, runden die Counting Crows einen gut vierzigminütigen Hörgenuss ab, der sich problemlos mit den bisherigen Eckpfeilern der Band wie "August And Everything" oder "Recovering The Satellites" messen lassen kann.
2 Kommentare mit 5 Antworten
Der Review ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer das hier auch 5 von 5 Sternen gerechtfertigt wären. Wirklich ein saustarkes Album das geradezu perfekt in die beste Zeit der Band zwischen 93 und 96 hineinpassen würde. Damit hatte ich nicht mehr gerechnet, für mich das Comeback des Jahres (auch wenn sie ja eigentlich nie wirklich weg waren).
Nach durchhören des Albums und in mich gehen, weiß ich warum die Band kein Schwanz kennt. Einfach nur langweilig und wie festgeanagelt in der Zeit von Anno Zub.
An Mr. Jones kam man in den 90ern kaum vorbei. Ob ich das heute noch hören will, mal sehen.
Die Neunziger waren musikalisch nicht mein stärkstes Jahrzehnt. Da ist viel an mir vorbei gegangen. Die LP wurde abgelöst durch die CD, erst als MP3 (98 etwa) sich durchsetzte als Speicherformat für Musik, ging das wieder verstärkt weiter bei mir. Als Beispiel könnte ich anführen Nirvana, hab ich um das Jahr 2000 erstmals als wichtig für die Musik erachtet. Und die Neunziger waren quasi DAS Nirvana Jahrzehnt.
Wenn du glaubst, dass die 90er das Nirvana-Jahrzehnt waren, hast du bestenfalls an der Oberfläche der 90er-Musik gekratzt.
Hab ich irgendwo was anderes behauptet? Ausserdem war dann das Nirvana Beispiel recht einsichtig, wenn keine Fragen mehr übrig bleiben, selbst bei dir!
Das stimmt allerdings!