laut.de-Kritik
Die Geschwister aus Toronto ehren Vic Chesnutt.
Review von Giuliano BenassiAbseits von Mainstream und Medien haben die Cowboy Junkies seit 2007 eine Fülle an Stücken auf den Markt gebracht. Lediglich die Neuaufnahme ihrer bekanntesten Platte "The Trinity Session" stieß dank Gastspielen von Ryan Adams, Vic Chesnutt und Natalie Merchant auf verhaltenes Interesse. Nebenbei brachten sie aber auch eine Fülle an Livemitschnitten und Archivmaterial heraus, das meiste davon als Download über ihre Webseite.
Doch das war erst der Anfang. "Zum ersten Mal seit 25 Jahren haben wir keine vertraglichen Verpflichtungen. Wir schreiben nun umso mehr", erklärt Bandchef Michael Timmins auf der Label-Webseite Latent Recordings, das seiner Band gehört. So erklärt sich, dass im Laufe von 18 Monaten vier Alben geplant sind. Der gemeinsame Nenner ist weniger der Inhalt als eine Gemäldeserie des Malers Enrique Martinez Celaya mit dem Titel "Nomad". Auf jedem Album prangt eines seiner Bilder auf dem Cover.
Nachdem sich die erste Platte im Mai 2010 mit Eindrücken eines China-Aufenthalts beschäftigte, widmet die Band aus Toronto das vorliegende zweite Werk ihrem verstorbenen Freund Vic Chesnutt. Lange hätten sie ein gemeinsames Album geplant, so Timmins, aber daraus sei nichts geworden. Deshalb die Idee, eine Platte mit Stücken Chesnutts aufzunehmen.
Ein schöner Gedanke, zweifellos. Aber auch einer, der schwierig umzusetzen ist, denn Chesnutts Musik ist geprägt von tiefem Leid. Freude ist leicht zu teilen, Leiden jedoch eine persönliche Angelegenheit.
"Wir haben versucht, seine Musik so aufzunehmen, wie er es getan hat. Er hat die Dinge einfach geschehen lassen. Er hätte es nicht anders gewollt", erklärt Timmins die Vorgehensweise. So beginnt der Opener mit einer verstimmten und verzerrten Gitarre, an der Howe Gelb seine Freude hätte. Ein dumpfes Schlagzeug, eine Orgel und Margo Timmins' emotionslose Stimme verleihen dem Stück eine gewisse Intensität.
Doch ob ruhiger wie in "See You Around", "Square Room" oder "Supernatural", fröhlicher wie in "Flirted With You All My Life", melancholisch wie in "Betty Lonely" oder dem besten Stück "We Hovered With Short Wings"- so richtig springt der Funke nicht über. Setzte sich Chesnutt mit "At The Cut" vor seinem Tod ein musikalisches Denkmal, gelingt das den Cowboys diesmal nicht. Gut zu erkennen an dem Auszug "When The Bottom Fell Out", der die vorliegende Platte abschließt.
Wie so viele als Hommage gedachte Werke kommt auch "Demons" nicht an das Original ran. Dennoch Chapeau vor der kanadischen Band für den Mut. Und auch dazu, unbeirrt ihren Weg fortzusetzen. Wer wissen will, was die Band in den letzten 25 Jahren getrieben hat, kann sich übrigens für 150 US-Dollar auf ihrer Webseite die gesamte Diskografie herunterladen. Als Schmankerl gibt es ein aufwändiges und limitiertes Buch dazu, in dem die Geschichte der Nomads-Serie erzählt wird.
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