laut.de-Kritik
Schwarze Schatten im Land von Milch und Honig.
Review von Giuliano BenassiDen tiefsten Punkt seiner Karriere scheint David Lowery überstanden zu haben. Nachdem seine einst erfolgreichen Cracker in der ersten Hälfte des neuen Jahrtausends in der kommerziellen Bedeutungslosigkeit versanken, hatte er sich gar überlegt, die Gitarre an den Nagel zu hängen. Tat er nicht, sondern ließ lieber parallel seine mit Kultstatus behafteten Camper Van Beethoven auferstehen.
Dass die Trennung zwischen dem Punk-Prog Rock von CVB und den eher gemächlichen Country- und Folk-Tönen von Cracker zunehmend verwischt, deutete sich schon auf "Greenland" (2006) an. Das vorliegende Album geht noch einen Schritt weiter und setzt nun fast nur noch auf E-Gitarren, Bass, Schlagzeug und natürlich Gesang.
One, two, three, four heißt es gleich zu Beginn des Openers. Kein Firlefanz und rotzig durchgezogen – Eigenschaften, die sich wie ein roter Faden durchs Album ziehen, dessen Motto "Let's go in the studio and have some fun" gewesen zu sein scheint. Keine große Kopfarbeit, sondern ohne Umschweife aus den Lenden heraus.
Bezeichnenderweise ist es Gitarrist Johnny Hickman, der das einzige akustische Stück beisteuert, das honkytonkige "Friends". "Now when you're on date and you finally bring that girl home / You put on a little Captain Beefheart on the stereo and disconnect the phone / I'll show up drunk and raving, and then I'll pass out on the spot / cause that's the kind of friend that you've got", heißt es darin ganz nett.
Lowery dagegen bewegen wie gewohnt tiefere Gedanken. "Yalla Yalla" handelt von einem durchgeknallten US-Soldaten, "We All Shine A Light" ist eine Hommage an Pakistan. Ehre wem Ehre gebührt, in diesem Fall dem LSD-Lobbyisten Timothy Leary, dessen Leitspruch "Turn On, Tune In, Drop Out" einen Songtitel stellt, und John Lydon in seiner Inkarnation als Public Image Limited mit "I Could Be Wrong, I Could Be Right".
Trotz der Gelassenheit im Studio bleibt Lowerys Lebenseinstellung ernüchternd. Zwar mag die Sonne in einem Land von Milch und Honig aufgehen, doch auch dort: "Dying is easy, it's living that's hard", wie es im Titeltrack heißt. So geht ein Album zu Ende, das eher von der Eingespieltheit der Mitglieder lebt als von den einzelnen Stücken, stellenweise aber ordentlich rockt.
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