laut.de-Kritik
Die Studioalben von 1972 bis 1987 - auf 180 Gramm Vinyl.
Review von Giuliano BenassiDeep Purple gehören zu jenen Bands, die keine technische Neuerung auslassen, um ihr altes Material in neuem Gewand unters Volk zu bringen. Natürlich verpassen sie nicht den Retrotrend und bringen nach und nach ihren Backkatalog auf Vinyl heraus. Zurück zu den Wurzeln, denn zu ihren Hochzeiten war Vinyl, neben FM-Radio, das bevorzugte Format.
Anfang 2016 erscheinen im Block gleich sieben Alben, einzeln oder als Limited Edition im Schuber. Bei Letzterem scheint die Auswahl etwas willkürlich, beginnt sie doch mit "Machine Head" (1972), dem dritten Album der Mark II-Besetzung (mit Ian Gillan und Roger Glover). Warum nicht beim ersten, Deep Purples (vermutlich) bestem Album "In Rock" anfangen und "Fireball" gleich mit reinpacken?
Weiter gehts mit Mark III und Mark IV, bevor sich mit "Perfect Strangers" (1984) und "The House Of Blue Light" (1986) der Bogen zu den wieder zusammengekommenen Mark II schließt. Aber nicht ganz, denn in dieser Besetzung folgten noch ein weiteres Album zu Beginn der 1990er Jahre.
Wenn man diesen, eher nerdigen Einwand beiseite lässt, bietet die "Vinyl Collection" einen brauchbaren Querschnitt des Schaffens. Auf "Machine Head" sind die meisten Klassiker vertreten, angefangen bei "Smoke On The Water", das mit dem simpelsten Powerriff aller Zeiten Deep Purples bekanntestes Lied wurde. Leider. "Highway Star", "Lazy" und "Space Truckin'" sind viel bessere Stücke.
Auf den Höhenflug folgte der Absturz. Millionen verkaufte Platten, riesige Konzerte und Touren im Privatjet führten zu internen Spannungen, die mit "Who Do We Think We Are" (1973) erst zu einem schwächeren Album, dann zum Ausstieg von Gillan und Glover führten.
Ritchie Blackmore, Gitarrist und nun unangefochtener Bandchef, holte als Sänger den frisch gefönten Klamottenverkäufer David Coverdale und den singenden Bassisten Glenn Hughes ins Boot. Dass sich das Label wenig von ihnen versprach, zeigt sich an der Gestaltung der Hülle: Die zwei Vorgänger waren Gatefolds mit farbig gedruckten Texten auf einem eigenen Blatt gewesen, "Burn" (1974) musste dagegen mit einfacher Plattenhülle und weißer Standard-Innenhülle, also ganz ohne Texte, auskommen.
Eine Fehleinschätzung, denn der Titeltrack und "Mistreated" gehören zu den besten Stücken Deep Purples. Es wurde zum zweiterfolgreichsten Album der Band, was dazu führte, dass man dem rasch folgenden "Stormbringer" (ebenfalls 1974) die Lyrics auf der Außenhülle spendierte.
Blackmore war die Vorliebe der Neuen für Soul und Funk jedoch zuwider. Er schnappte sich Ronnie James Dio, gründete Rainbow und setzte den eher von klassischer Musik geprägten, früheren Stil Deep Purples erfolgreich fort. Coverdale verpflichtete als Ersatz seinen Kumpel Tommy Bolin. Eine Entscheidung, die katastrophale Folgen hatte: Das gemeinsame Album "Come Taste The Band" (1975) floppte, die Tour wurde wegen Bolins und Hughes' Heroinsucht zu solch einer Qual, dass sich die übrig gebliebenen Gründungsmitglieder Jon Lord und Ian Paice gezwungen sahen, die Band 1976 aufzulösen.
Überraschend kam es 1984 zu einer Reunion des mittlerweile klassischen Mark II-Lineup und, noch überraschender, zu einem gelungenen Album. Lord hatte zum Glück seine Hammond-Orgel nicht durch die gerade schwer in Mode gekommenen Synthetizer eingetauscht, trotzdem klang die Band irgendwie modernerer. Mit dem Titeltrack sowie "Knocking At Your Back Door" enthielt "Perfect Strangers" zwei Klassiker und verkaufte sich gut.
Doch der Friede währte nicht lange. Auf "The House Of Blue Light" (1987) kamen nun doch synthetische Klänge zum Einsatz. Gillan fand das Ergebnis so schlimm (nicht nur er), dass er die Band ein zweites Mal verließ. 1992 kam er wieder zurück. Doch das ist eine andere Geschichte.
Wie bei den meisten anderen Vinyl-Neuauflagen stellt sich die Frage, warum man sich die Platten neu und nicht deutlich günstiger in einem Second Hand-Laden oder im Internet holen soll. Dafür sprechen die originalgetreue Gestaltung inklusive lavendelfarbener Labels auf den ersten Alben, die hochwertige Neuabmischung, die Pressung auf 180 Gramm-Vinyl (was auch immer das bringen soll) und natürlich die Abwesenheit jeglichen Kratzers.
Außerdem ist jedem Album ein Code beigefügt, mit dem man sich die digitale Version kostenlos aus dem Internet laden kann. Die Sieben-Platten-Ausgabe kommt dazu noch in einem eleganten Pappschuber daher, wenn auch ohne zusätzliches Booklet oder andere Schmankerl.
1 Kommentar
Zudem ist sie auch nicht überteuert.