laut.de-Kritik

Schüttelt die Elemente, dass einem sämtliche Quarks aus dem Kern fliegen.

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Da man bei Dream Theater wohl nur schwerlich von irgendwelchen Steigerungen von einer CD zur anderen sprechen kann, wenn man mal von der schwächeren "Falling Into Infinity" absieht, ist es auch schwierig, über musikalische Leistung zu sprechen. Denn sowohl technisch als auch vom Songwriting her stellt "Six Degrees Of Inner Turbulence" wieder mal so ziemlich alles in den Schatten. Somit ist es eher die Frage, wie die technischen Spielereien in den Songs umgewandelt werden.

Fangen wir mit CD Nr. 1 an. "The Glass Prison" schallt nicht etwa filigran und zerbrechlich aus den Boxen, sondern knallt dir mit der Power eines verdammt massiven Knastes à la Alcatraz oder Sing-Sing auf die Mütze. Bei aller technischen Raffinesse wurde hier mit dem Dampfhammer gearbeitet, die New Yorker dürften hiermit eines ihrer härtesten Stücke abgeliefert haben. Positiv fällt auf, dass sich Sänger James LaBrie größtenteils im mittleren Stimmbereich bewegt. Dass man Musiker mit solchen Fähigkeiten nicht an die Leine nehmen kann, ist klar. Und so wird wieder gefrickelt wie in alten Zeiten, nur wird der Song an sich dadurch nicht zerrissen, sondern ausgebaut.

"Blind Faith" geht zwar erst ruhig los, steigert sich aber stetig und legt nach drei, vier Minuten noch einige Brickets nach. Bei "Misunderstood" sieht die Sache ähnlich aus, das ist für mich der stärkste Song auf der ersten CD. Die Gesangslinien sind einfach phänomenal. Allein die Soundcollage am Ende des Stückes zerrt etwas an den Nerven.

"The Great Debate" klingt dann stellenweise sehr roh, was nicht zuletzt an Lauries verdammt rauem Gesang im Chorus des Stückes liegt. Ganz eindeutig der typischste DT des ganzen Albums. Die Ballade "Disappear" ist für meinen Geschmack das unauffälligste Stück der CD. Man kann natürlich nicht von Banalität sprechen, aber emotional so mitreißend wie seinerzeit das von ex-Keyboarder Kevin Moore geschriebene "Space Dye Vest" vom "Awake" Album ist sie nicht. Trotzdem ein Song, der zu keiner Zeit schnulzig klingt.

Der Knaller kommt mit CD Nr. 2. Mit "Overture" zeigen die Herren mal ganz nebenbei allen Ich-mach-jetzt-Metal-mit-Klassik Fuzzies, wo die Bratsche hängt. Hier spielen Band und Orchester nicht nur nebeneinander her, hier fusioniert das Ganze, krallt sich im Periodensystem Platz 119 und verweist Ununoctium auf den vorletzten Platz. Doch auch sämtliche anderen Elemente schüttelt dieses 42-minütige Klangfeuerwerk dermaßen durcheinander, dass einem sämtliche Quarks aus dem Kern fliegen. Um dieses Stück zu beschreiben fehlt hier der Platz und mir die Worte. Viel Zeit mitbringen und selber anhören ist angesagt, da man dieses Werk nicht im Vorbeigang erfassen kann.

Ob es an den Problemen lag, die man mit dem Cover der Live DVD "Live-Scenes From New York" lag (brennende New Yorker Skyline), weiß ich nicht, aber das Cover ist der einzige Schwachpunkt des Albums. Aber wer sich davon abschrecken lässt, ist wirklich selber schuld.

Trackliste

  1. 1. The Glass Prison
  2. 2. Blind Faith
  3. 3. Misunderstood
  4. 4. The Great Debate
  5. 5. Disappear
  6. 6. Six Degrees Of Inner Turbulences I. Overture II. About to crash III. War Inside My Head IV. The Test That Stumped Them All V. Goodnight Kiss VI. Solitary Shell VII. About To Crash (Reprise) VIII. Losing Time/Grand Finale

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