laut.de-Kritik

Am Ende steht stets ein einfacher Synth-Rührteig.

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Hinter dem Namen East India Youth verbirgt sich der erst 24-jährige Brite William Doyle. Eigentlich kommt er aus Bournemouth, einem britischen Seebad, das einem jungen Künstler wohl eher so viele Freiheiten lässt wie hierzulande Tübingen oder Münster. Gut, dass man von dort aus nur zwei Stunden braucht, um nach London zu kommen. In die Stadt, die Doyle inzwischen als Zentrum seines Schaffens gewählt hat.

Doyle sieht dies als gute Voraussetzung. Schließlich hat ja auch sein Vorbild Brian Eno erst dort den Durchbruch geschafft. Ähnlich wie einst Eno gibt sich Doyle eher als Produzent und unauffälliger Strippenzieher. So erklärt sich auch, warum er auf der Tour zu seinem ersten Album "Total Strife Forever" im Jahr 2014 seine physische Erscheinung stets im Hintergrund hielt und eher schlecht beleuchtete Bühnen den Rockismen vorzog.

Gut ein Jahr später denkt der emsige Musiker darüber anders: Sein zweites Album "Culture Of Volume" sei im Gegensatz zum Vorgänger vielmehr ein Pop-Album. Diese Aussage trifft auf "Culture Of Volume" tatsächlich zu - verwendet man "Pop" als Synonym für "simpel" und "eher uninspiriert". Schon der Opener "The Juddering" wirkt wie einfaches Küchenhandwerk. Das Stück klingt so, als würde man zuerst Ei, Margarine, Zucker und Mehl sanft verrühren, um dann die Küchenmaschine einen Gang hochzuschalten: Am Ende steht stets ein einfacher Synth-Rührteig.

"Beaming White" knüpft daran an. Aus technoidem Sound zaubert es schließlich einen begrenzten Baukasten-Beat. Das dezente Jammern Doyles macht den Eindruck des uninspirierten Pet Shop Boys-Abklatsches hier perfekt. East India Youth vertraut auf "Culture Of Volume" zu oft auf bewährte Mechanismen statt auf eigene Experimente.

Das klingt auf der einen Seite dann oft unentschlossen, zeitweise überraschen die Kompromisse irgendwie doch. "Turn Away" beschwört zunächst den Tanz auf dumpfem Synth-Boden, bevor sich der Song als Soundalike der "Herr der Ringe"-Titelmelodie in einer 8-Bit-Version selbst erstickt. Ein erneuter Twist beschert dem Song ein glorreiches Ende als Power-Pop-Schiff mit krautigem Beat.

Die Pop-Noir-Hymne "Hearts That Never" schafft einen weiteren lichten Moment. Eigentlich schon vorbei, setzt der Track neue Energie frei – wie kalter Schweiß, der aus den Poren quillt, wenn tiefe Bässe früh morgens einen neuerlichen Adrenalinschub veranlassen. Ähnlich beachtenswert, weil quirlig und umtriebig: "Manner Of Words", in dem Doyle lieber mit seinem Synth-Teppich Walzer tanzt, anstatt wie ein verbrauchter Matt Bellamy ("Carousel") zu klingen und sich selbst am meisten zu langweilen.

Vielleicht verhindert nur das ambitionierte Ziel, gleich im zweiten Versuch einen perfekten Elektro-Pop-Hybriden abzuliefern, hier Größeres. Denn weder die hymnischen noch die rhythmischen Elemente erzielen wirklich einen Effekt. Als Resultat steht eine Kompromissplatte, die ihren eigenen Anforderungen lediglich zur Hälfte gerecht werden dürfte: nur teilweise tanzbar und vermutlich nicht allzu lange im Ohr.

Trackliste

  1. 1. The Juddering
  2. 2. End Result
  3. 3. Beaming White
  4. 4. Turn Away
  5. 5. Hearts That Never
  6. 6. Entirety
  7. 7. Carousel
  8. 8. Don't Look Backwards
  9. 9. Manner Of Words
  10. 10. Montage Resolution

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