laut.de-Kritik

Der Hobbyrapper zwischen Battlerap und Grown Man-Retrospektive.

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Hauptberuflich sieht sich Eko Fresh nicht mehr als Rapper, sondern viel mehr als Prominenter. Das hat er zumindest zum Start der Promophase zu seinem inzwischen 12. Album "EKScalibur" behauptet. Tatsächlich fungiert Eko schon länger als grundsympathische und omnipräsente Allzweckwaffe im deutschen Fernsehen, in der Werbung, als Songwriter und für alle, die ein paar Euros locker sitzen haben und für irgendein Projekt einen Rapper brauchen. Für seine neue Platte bedeutet das, dass er völlig unverkrampft und ohne Erwartungs- und Erfolgsdruck Musik machen konnte. Das wird er wohl auch in der Zukunft machen, solange ihm für seine Albentitel nicht die Wortspiele mit seinem Namen ausgehen.

Die Lockerheit hört man den Songs an. Ekos Karriere hatte Höhen und Tiefen, er hat viel ausprobiert, scheint aber inzwischen seine Komfortzone gefunden zu haben. Der Kölner hält es echt mit US-Urgestein Keith Murray und beschwert sich mit einem Augenzwinkern über die neue Trap-Generation, nur um kurze Zeit später einen Song mit MoneyBoy und ein Feature mit Oli. P zu machen. Auf wundersame Weise wirkt das absolut schlüssig und überhaupt nicht widersprüchlich.

Das wars aber auch mit den Überraschungen, den Rest der Zeit tut Freezy das, was ihm am meisten Spaß macht: einfach rappen. Er wird in diesem Leben keinen Innovationspreis mehr gewinnen, das muss er mit seinen 40 Jahren aber auch nicht mehr. Er hat das Glück, seinen Stil über recht zeitlose Attribute zu definieren. Seine Skills sind eh über jeden Zweifel erhaben, inhaltlich spielt sich alles irgendwo zwischen Battlerap und Grown Man-Retrospektive ab, und mit seinem sehr klassisch gehaltenen Beatgeschmack geht er absolut kein Risiko ein. Sogar das Cringe-Level hat er auf ein Minimum reduziert.

Seine eigene Entwicklung nach 20 Jahren im Game reflektiert er auf dem Song "Lernkurve". Von toxischer Männlichkeit und fakem Gangster-Scheiß ist hier die Rede, auf den er heute nicht mehr unbedingt stolz ist. Mittlerweile dreht sich sein Alltag aber längst nicht mehr ausschließlich um die Hip Hop-Kultur, dem ganzen Social-Media-Zirkus ist er ohnehin längst entwachsen. Für ihn als verantwortungsvoller Vater stehen ganz andere Dinge im Mittelpunkt: "Früher war es Rawkus, Bro, heute kenn ich jeden Einzelnen von Paw Patrol." "Hip Hop Eltern" zeigt nicht nur Ekos Spagat zwischen Papa und Künstler-Sein. Es fühlt sich auch an wie Balsam auf der Seele jedes innerlich zerrissenen Elternteils, das versucht, die Liebe zur Familie und die Leidenschaft für Musik in Einklang zu bringen.

Einen weiteren nostalgischen Moment markiert "Für Immer", eine kleine German Dream-Reunion mit Farid Bang und G-Style. Leider machen eine etwas ungelenke Hook und ein sehr pathetischer Kopf-hoch-Beat diesen Throwback-Moment zunichte, während Ekrem und Farid zum tausendsten Mal ihre Aufsteiger-Story erzählen. Aus dieser Zusammenarbeit hätte im Jahr 2023 durchaus mehr werden können, so ist es einer der schwächsten Songs der Platte.

G-Style taucht zum Abschluss der LP noch einmal auf. Auf "Mein Revier" representen Eko, Finch und Hakan Abi ihre Gegend auf einer hymnischen Westcoast-Unterlage. Generell bieten die von den 90s inspirierten Beats ausreichend Platz für Ekos viele Flowvariationen, Technikgeflexe und Storyteller gleichermaßen. Am besten kommt das auf dem Titeltrack zum Tragen, einem starken Battlesong auf bedrohlichem Boombap-Gewummer.

Verantwortlich für alle Beats zeichnet Produzent Jan van der Toorn, der bereits mit der halben deutschen Musikszene gearbeitet und von Rap über Schlager bis Techno alles kennt. Daher wohl auch die Connection zu Oli. P. Dessen hölzernen Part auf dem sonst recht gelungenen Song "Essenz" hätte man sich getrost schenken können. Es würde mich nicht wundern, wenn der Track eigentlich bei einer Writing-Session für den ehemaligen GZSZ-Schauspieler ebenfalls so entstanden ist, wie scheinbar alle Songs des Albums: aus Spaß am Musikmachen und ohne großes Kalkül. Der verträumte Lo-Fi-Beat klingt absolut tiefenentspannt und versucht gar nicht erst, ein Hit zu sein. Politisch wird es dann auch noch, wenn Eko die Geschichte von "Förrest Gump" erzählt. Eine Story vom Migranten, der weder die deutschen noch die türkischen Schwiegereltern komplett von sich überzeugen kann.

"EKScalibur" ist keine Offenbarung, Eko Fresh besinnt sich zum größten Teil auf seine Stärken und verbindet sie mit zeitlosem Sound. Es wirkt erfrischend, dass der Deutschrap-Veteran vielleicht sesshaft geworden ist, aber noch immer hörbar Spaß an der Musik hat. Das kauft man ihm zu jeder Zeit komplett ab. So entsteht ein kohärentes Album ohne echte Ausfälle, aber auch mit wenigen Highlights. Eko macht was er will, ignoriert fast komplett den Zeitgeist, und trotzdem muss man ihn einfach liebhaben.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. EKScalibur
  3. 3. Nur Ein Dream
  4. 4. Für Immer feat. Farid Bang & G-Style
  5. 5. Lernkurve
  6. 6. Aladdin feat. Keith Murray
  7. 7. Progress
  8. 8. Hip Hop Eltern
  9. 9. Förrest Gump
  10. 10. Essenz feat. Oli. P
  11. 11. Manchmal
  12. 12. Alles Johnsson
  13. 13. Rolls Royce feat. MoneyBoy
  14. 14. Mein Revier feat. Finch, Hakan Abi & G-Style

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