laut.de-Kritik
Im Katzenjammer-Style für Deutschland zum ESC.
Review von David MaurerSo schnell kann's gehen: Gestern noch in kleinen Clubs gespielt, heute plötzlich vor rund vier Millionen Fernsehzuschauern Unheilig die Show gestohlen. Der perfekte Zeitpunkt für Elaiza, ihr zweites Album auf den Markt zu bringen. "Gallery" dürfte nach dem Coup beim ESC-Vorentscheid zwangsläufig mehr Interesse zuteil werden als dem weitgehend unbekannten Erstling "March 28".
Die große Herausforderung für das junge Trio besteht nun darin, zu beweisen, dass ihr Folk-Pop à la Katzenjammer auch auf Albumlänge funktioniert. Nicht ganz verkehrt, dieses Vorhaben mit dem Opener "Fight Against Myself" anzugehen. Zahlreiche Instrumente mischen sich in die langsame Nummer ein, vor allem die Tuba sorgt für eine besondere Charakteristik. Zusammen mit der eingängigen Hook ergibt sich ein Arrangement mit hohem Wiedererkennungswert - ein guter Auftakt.
Dieses Konzept setzt "unser Song für Kopenhagen" aber noch besser um. In "Is It Right" stehen Kontrabass und Akkordeon zumindest während der zurückhaltenden Strophen im Vordergrund, bevor der Song im opulenten Refrain seinen Höhepunkt erreicht, untermalt von einem kleinen Orchester verschiedenster Klänge. Das Ganze klappt in "I Don't Love You" gleichermaßen. In diesen Polka-Pop-Momenten zeigt "Gallery" seine Stärken und wird der vom Trio selbst ausgerufenen Neo-Folklore durchaus gerecht.
Schade, dass abwechslungsreiche Momente wie diese nur selten wiederkehren. Piano-Balladen wie "Invisible Line" und "Thank You" bringen nicht ansatzweise den Charme der Aushängeschilder mit. Auch in "Circle Of Life" will der Funke nicht so recht überspringen. Durch den reduzierteren Sound rückt Sängerin Ela hier immer weiter in den Mittelpunkt und verdrängt die erfrischenden Klänge von Yvonnes Akkordeon und Natalies Kontrabass.
Nicht das Elzbieta Steinmetz, wie sie mit vollem Namen heißt, ihr Handwerk nicht beherrschen würde. Absolut treffsicher präsentiert sie ihre selbstgeschriebenen Zeilen und wandelt dabei zwischen verschiedenen Tonlagen, mal zerbrechlich, mal voller Power. In den runden und keineswegs plumpen Texten versucht sie stets, mit ihrer Stimme für das gewisse Etwas zu sorgen.
Genau das wirkt auf Dauer aber erdrückend. So kommt die arg helle Stimme in "Invisible Line" oder "Without" aufgesetzt daher, während Ela in anderen Songs erzwungen kraftvoll klingt. Gerade in den ruhigeren Stücken bleibt der Wunsch nach mehr Abwechslung unerfüllt. Ein Großteil der Stücke fokussiert sich zu sehr auf die Hauptdarstellerin und ihre stimmlichen Facetten, fährt mit Balalaika, Gitarre, Mandoline und Tuba jedoch meist zu spät seine gesamte Kraft auf.
Wesentlich besser funktionieren da fröhlichere Nummern wie "Green" oder das beschwingte "Lemonade", das erneut ein Gespür für Hooks beweist, die im Ohr bleiben. So verschenkt "Gallery" viel Potenzial. Eine größere Gewichtung auf die launigen Klänge von Akkordeon und Co. hätte der Platte gut getan. Dennoch präsentieren Elaiza ein ordentliches Folk-Pop-Album mit interessanten osteuropäischen Einflüssen. Durchaus ein Beweis dafür, dass man das Trio auch nach dem Eurovision Song Contest nicht abschreiben sollte.
1 Kommentar
Braucht kein Mensch. Hat aber zumindest den Vorteil, dass wenigstens Katzenjammer nicht medial totgespielt werden.