laut.de-Kritik

Die frühere Opulenz weicht zurückhaltendem Minimalismus.

Review von

Matthew Cooper alias Eluvium frönt schon seit etwas mehr als fünfzehn Jahren dem ambienten Schönklang, der jedoch nie aufdringlich daherkommt. Der mündete auf "False Readings On" von 2016 sogar im Inferno. Ein Jahr danach erschien noch mit "Shuffle Drones" ein Album mit Drones, die sich am besten im Shuffle-Modus abspielen lassen. Nun lässt der Musiker aus Portland mit "Pianoworks" sein zweites Klavier-Werk nach "An Accidental Memory In The Case Of Death" von 2004 folgen.

Bereits "Recital" verdeutlicht, dass seine Herangehensweise im Gegensatz zu seinem ersten Piano-Album eine deutlich minimalistischere ist, wenn er mit zaghaften Tastenschlägen entzückende, beinahe unschuldige Melodien kreiert. Die damals noch vorhandene Opulenz weicht hier einer geradezu schüchternen Zurückhaltung. Cooper hält aber auch die Musik bewusst so einfach. Er möchte nämlich mit der Platte Kinder und Laien dazu ermuntern, selbst mit dem Klavierspielen anzufangen.

Des Weiteren lässt er seine eigene Kindheit Revue passieren. Gut nachzuhören in "Quiet Children", das eine Menge Ruhe und Feinfühligkeit besitzt. So rückt die melancholische Schönheit der Melodien in den Vordergrund.

Allerdings kann der US-Amerikaner ein Lied davon spielen, dass die einfachste Kunst oftmals die meiste Entstehungszeit beansprucht. So nahm er die Stücke immer und immer wieder neu auf, bis es nichts mehr an ihnen zu verbessern gab. Für das ganze Prozedere benötigte er rund eine Dekade. Sein Anspruch war es, einen spezifischen, individuellen Sound zu erschaffen, der zeitlos klingt. Das gelingt ihm hervorragend, durchzieht die gesamte Platte doch ein nachdenklicher Grundton, der Erinnerungen an sein Meisterwerk "Copia" von 2007 weckt.

Nur das etwas Trostlose und das Schwere, das hat so langsam ausgedient, wenn man beispielsweise den tänzerischen Figuren von "Carrier 32", "Masquerade" und "Vacuous Plenum" lauscht. Trotzdem zieht sich Matthew immer wieder in sein stilles Kämmerlein zurück und übt sich, wie in "Inherent Mosaic", "Underwater Dream" oder "Paper Autumnalia", in erwachsener Reflektiertheit, ohne dass es an nostalgischen und verträumten Momenten fehlt. Das letztgenannte Stück zitiert zu Beginn das Weihnachtslied "Stille Nacht, Heilige Nacht", versprüht jedoch zum Schluss eine leichte Aufbruchsstimmung.

Die findet sich ebenso in "Soliloquy & Aside", das verhalten beginnt, aber nach und nach in immer emotionalere Sphären vordringt, wenn fantasievolle Melodien und präzise, dunkle Tastenschläge sehnsuchtsvolle Weite erzeugen. "Empathy For A Silhouette" rundet schließlich das Werk einfühlsam ab und hinterlässt ein Gefühl von Wehmut.

Zudem liegt der Limited Edition, die es sowohl auf CD als auch auf Vinyl gibt, noch ein Bonus-Album mit Neueinspielungen älterer Eluvium-Tracks bei. Das bildet alles andere als unnötiges Beiwerk, da Cooper den Melodiereichtum der einzelnen Nummern sehr gut herausarbeitet. Der ging nämlich früher noch ein wenig unter. Dennoch steht auch hier der Minimalismus im Fokus.

Aber egal, ob man das Haupt- oder Bonus-Album auflegt: Ihr hinreißendes Potential offenbart die Musik vor allem dann, wenn man sich in der passenden versunkenen Stimmung befindet.

Trackliste

  1. 1. Recital
  2. 2. Quiet Children
  3. 3. Carrier 32
  4. 4. Inherent Mosaic
  5. 5. Transfiguration One
  6. 6. Masquerade
  7. 7. Underwater Dream
  8. 8. Vacuous Plenum
  9. 9. Transfiguration Two
  10. 10. Paper Autumnalia
  11. 11. Myriad Days
  12. 12. Soliloquy & Aside
  13. 13. Empathy For A Silhouette
  14. 14. An Accidental Memory In The Case Of Death
  15. 15. Genius And The Thieves
  16. 16. Perfect Neglect In A Field Of Statues
  17. 17. Nepenthe
  18. 18. In A Sense
  19. 19. The Well-Meaning Professor
  20. 20. Prelude For Time Feelers
  21. 21. Radio Ballet
  22. 22. Hymn #1
  23. 23. Caroling
  24. 24. Impromptu (For The Procession)
  25. 25. Entendre

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