laut.de-Kritik

Abwechslungsreiche Epik in nordischen Sphären.

Review von

Enslaved gelten als bekannteste Vertreter des Progressive Viking Metal, wobei ihnen diese Einsortierung höchsten zur Hälfte gerecht wird. Ursprünglich im eisigen Black Metal beheimatet, entwickelten sich die Norweger im Laufe der Jahre zu einer überaus vielseitigen Band, die sich in keine Schublade stecken lässt.

"Heimdal" ist bereits das sechzehnte Langschiff der Norweger und lädt uns erneut auf eine aufregende Klangreise durch die nordischen Sphären ein. Die Reiseroute scheint weder komplett unbefahren noch zu ausgetreten zu sein, um an vielen Stellen etwas Neues zu entdecken. Doch Schluss mit schwurbeligen Metaphern, das Album stellt zwar keine große Überraschung dar, lässt sich aber trotzdem nicht direkt mit einem der Vorgänger vergleichen.

Mit "Behind The Mirror" beginnt ein im ersten Moment schwer einzuordnender Trip zwischen erhabener Ruhe, wilder Raserei und für das Genre eher ungewöhnlicher, psychedelischer Experimentierfreude. Growls und klarer Gesang im Wechsel, Chöre und frostige Spoken Word-Passagen, eingerahmt in typisch nordisches Metall. In weiten Teilen veredeln dezente Synthesizer-Teppiche oder Elektro-Sprenkel das Werk. Ungewöhnlich, aber vielleicht genau deshalb faszinierend.

"Congelia" lebt von einem ständig wiederkehrenden, dunklen Black Metal-Riff, das bedrohlich zu einem stoischen Drumbeat durch die finsteren Wälder marschiert. Stets im Aufbau befindlich, ändert sich die Stimmung immer nur für wenige Sekunden, was nur zur angenehm schaurigen Beklemmung beiträgt. Auch wenn sich anfänglich nur wenig Struktur offenbart, lauscht man bald gebannt. Nach Solo und Akustikklampfenoutro folgt mit "Forest Dweller" das Herzstück des Albums. Alles, wirklich alles, was man an Enslaved kennt und liebt, kommt hier in vollem Maße zur Geltung! Breite Gitarrenwände, wechselnde Gesänge, spacig-krautige Sounds und eine zu gleichen Teilen abwechselnd positive oder eisige Stimmung. Noch bevor man ein zu eindeutiges Muster erkennt, wütet die Black Metal-Axt, nur um wieder von einer beschwichtigenden Hammondorgel abgelöst zu werden. Atemberaubend, wirklich.

Das hektisch vertrackte, psychedelisch entrückte "Kingdom" setzt wieder auf Spannungsaufbau und hält die Atmosphäre bis zum Ende aufrecht. Oft nerven Synthesizer-Sounds im modernen Progressive Metal, hier sind sie kaum wegzudenken.

"The Eternal Sea" und das leicht chaotische "Caravans To The Outer Worlds" bewegen sich auch wieder im ständigen Wechselspiel zwischen Raserei und weihevoller Ruhe. Nicht selten dienen Post-Rock-Parts als geschmackvolle Intermezzi zwischen den einzelnen Songteilen, und auch eine gewisse Nähe zu den großen Machwerken von Bands wie Pink Floyd lässt sich nicht leugnen. Hymnische Chöre und natürliche Soundeffekte erschaffen entsprechende Bilder.

Das auf Norwegisch vorgetragene Titelstück erweitert die ohnehin schon breite Klangpalette um tonnenschwere Doomparts. Zäh wie Elchleder wabern sie zwischen 80s-Synthesizern, bis der Kahn wieder Fahrt gewinnt und ein hypnotisches Riff in Richtung Finale peitscht.

Ein wahrlich aufregender Ritt, dem unbedingt mehrere Hördurchläufe zuteil werden sollten. Nur so steht einer endgültigen Entfaltung nichts im Wege.

Trackliste

  1. 1. Behind The Mirror
  2. 2. Congelia
  3. 3. Forest Dweller
  4. 4. Kingdom
  5. 5. The Eternal Sea
  6. 6. Caravans To The Outer Worlds
  7. 7. Heimdal

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