laut.de-Kritik
Der perfekte Soundtrack für gewisse Stunden.
Review von David HilzendegenSeit gut einer halben Stunden sitze ich schon mit feinstem Inspirationsmangel vor dem leeren Blatt und versuche einen Anfang zu finden. Gerade neigt sich "Little Blue Mailbox" und damit auch das gesamte Album dem Ende zu. Er macht es mir aber auch nicht einfach, dieser Finian Greenall. Dabei ist "Distance And Time" eigentlich rundum gelungen und wunderschön. Aber eben nur eigentlich.
Doch warum mit den hässlichen negativen Aspekten beginnen, schließlich gibt es ausreichend Positives zu berichten: Fink hat sich dieses Mal nur ein Jahr statt deren sechs Zeit gelassen, seine Fangemeinschaft und solche, die es werden wollen mit einem Nachfolger zu beglücken. Allerdings hat sich seine musikalische Orientierung auch nicht um circa 180° gedreht, ein überraschender Quantensprung wie "Biscuits For Breakfast" bleibt aus. Das durchweg von Lambs Andy Barlow produzierte "Distance And Time" tritt in eben jene Fußstapfen, nur noch ein bisschen reduzierter, noch ein wenig ruhiger und noch wärmer.
Für Letzteres zeichnet vor allem Mr. Greenall persönlich verantwortlich. Schon im Opener "Trouble's What Your In" schleicht dessen Stimme so einfühlsam und zerbrechlich und zugleich so mächtig einnehmend aus den Speakern, dass selbst die Bodenständigsten dem Kopfkino kaum entgehen können. Das Arrangement mit den gezupften Nylonsaiten und den zurückhaltenden Geigern trägt sein Übriges dazu bei. Das Cinematic Orchestra und seine Anhänger haben hier ihre helle Freude.
"This Is The Thing", der eigentliche Aufmacher der Platte, steht dem in keinster Weise nach. Dieses Mal etwas auffälliger von seinen langjährigen Kollegen Guy Whittaker am Bass und Tim Thornton am Schlagzeug unterstützt, sinniert Fink über eine zerbrochene Beziehung, ohne dabei Gefahr zu laufen, ins Kitschige oder Klebrige abzurutschen. Erst mit "Blueberry Pancakes" erhöhen sie die Schlagzahl und es darf gegroovt werden. Eine Eigenschaft, die dem Rest des Albums leider fast vollständig abgeht.
Der Reiz Finks steht und fällt ohnehin einzig mit seinem Gesang. Geht diesem der Hinhör-Effekt, wie in "Little Blue Mailbox", verloren, mangelt es der musikalischen Untermalung letztlich zu sehr an Rafinesse – ein Umstand, der sich mit der Zeit immer deutlicher heraus kristallisiert. Fink reiht im Prinzip neun wunderschöne Lieder aneinander, die sich jedoch alle auf irgendeine Weise gegenseitig adaptieren und so selbst auf einer Albenlänge von 37 Minuten für Langatmigkeit sorgen.
Nichtsdestotrotz schreibt "Distance And Time" mit seiner Intimität und Intensität den perfekten Soundtrack für gewisse Stunden. Welche das sind bleibt jedem Hörer selbst überlassen. Deshalb hätte ich auch fast vier Punkte gegeben. Aber eben nur fast.
2 Kommentare
ganz, ganz großes review.
selten sowas treffendes zu ner platte gelesen.
ich finds auch sehr schade, dass nicht mehr smasher vom kaliber "blueberry pancakes" drauf sind. das hat dermaßen viel power, das gibts ja nicht.
@Huluvu: Danke für die Blumen
@himself: Anfang Oktober.