laut.de-Kritik

Lasst ihn bubeln.

Review von

Ja, na gut, Fler hat 2013 den amerikanischen Trap-Hype massentauglich kopiert und ist von uns dafür sogar ausgezeichnet worden. Dass es in der Richtung mittlerweile deutlich hungrigere, spannendere und das Trap-Thema ausbauende und gar auf ein anderes Level hievende Jungspunde gibt, wissen wir nicht erst, seit 1 MoneyBoy ernstzunehmende Klickzahlen erreicht. Was also macht Fler? Er lässt sich von seinem Produzenten-Team satte Bässe unter die Karre schrauben und fährt damit durch Kollegahs Vorgarten.

Anstatt sich auf Schimpfwort-Drive-Bys zu beschränken, versucht der Berliner, den King of Rap in "Reality Check" per Arroganz und Verachtung zu verunglimpfen. Beleidigungen und Name-Dropping stehen hinten an. Dafür stellt er die näselnde Frage: "Warum bist du nicht du selbst?" Mir gehen zwar diese ewige Realness-Debatte und der Beef darum gehörig am Allerwertesten vorbei, aber für jemanden, der sich sonst nur mit Mode-Problemen herumschlägt, scheint das Relevanz zu haben. Zudem funktionieren diese gewisse Arroganz und herablassende Art.

Selbstredend geht es in Flers Texten fast ausschließlich darum, nur er allein sei real und damit zum Rappen befähigt. Aber wie könnte man auch etwas anderes erwarten? "Das hier wird kein Kreuzworträtsel-Rap." Ne, klar, aber was ist es denn jetzt eigentlich? Eine gute Kopie eines bereits seit Jahren anhaltenden Trends aus den Staaten? Eine thematische Einbahnstraße? Ein Zurschautragen von aufgepumpten Muskeln in zu engen Marken-Klamotten?

"Ich kann nicht Kommerz gehen, ich bin Street / hier in mei'm Gebiet bin ich beliebt / Deine Felge, meine Felge leuchtet heller / Warum rappst du, du Intellektueller?" Ja, warum eigentlich? Solltet ihr anderen Rapper nicht alle mit den Knien schlottern? Denn: "Jeder weiß: Ich fick' alle deine besten Lines / ich pump' mein Leben in den Wendekreis / Wähl die 110 / mir egal, denn ich scheiße auf Bullen / Ich rede Slang, dass der V-Mann kein Plan hat / Ich häng' mit der Mafia for life wie Sinatra."

Nein, die Zeilen Flers werten diese EP nicht auf. Dafür aber der musikalische Hintergrund: Zu seiner arroganten Hochnäsigkeit passen die pumpend-trappenden, teils bedrohlich anmutenden, langsamen Beats. Hier bauscht sich ein Klavierloop auf, das dort ein gewaltiger Bass wieder niedertrampelt. Sicherlich, das können andere auch. Aber man hat mir mal beigebracht, Feedback sollte man nach dem Sandwich-Prinzip verteilen: Draufhauen, Lob, Draufhauen. Oder war es anders herum?

Seis drum. Fler juckt das nicht, seine treuen Fans nicht, und, ganz ehrlich: uns auch nicht. Lasst ihn bubeln, soll er sich für einen erschossenen Drogenbaron halten, der die Straße real keept und mit dem Kolle-Kriegsbeil weiter fleißig Schaum schlägt. Dann kann man sich getrost Rappern widmen, die mehr draufhaben als 'Rotze' auf 'Fotze' und 'Takt' auf 'gekackt' zu reimen. Auswahl gibt es dieses Jahr im Deutsch-Rap-Zirkus ausreichend.

Trackliste

  1. 1. Reality Check
  2. 2. Heiligtum
  3. 3. Gangbangsowieso
  4. 4. Dresscode
  5. 5. Bewährung vorbei

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Fler

Es herrscht Krieg in Berlin. Hartes Gangstertum ist angesagt, das Ghetto feiert sich selbst, die besten Verkaufszahlen erzielt derjenige, der noch unterprivilegierter, …

21 Kommentare mit 65 Antworten