laut.de-Kritik

Mehr Hippie in der Moderne geht nicht.

Review von

Nachdem der Hype um MGMT und Empire Of The Sun gerade abgeklungen ist, erheben zwei Jungs namens Girls elektropoppige Nummern erneut zum Gesprächsthema. Mit leichten Melodien, immer etwas Lo-Fi und dem Lebensgefühl der Gesellschaft aus San Francisco im Blut ... be sure to wear some flowers in your hair.

Christopher Owens und JR White heißen die beiden Musiker hinter dem Projekt mit dem weiblichen Namen. Ihre Kindheit prägte die Hippiesekte Children Of God, die Jugend Alkohol und Drogen.

Dies schlägt sich auf die Musik nieder. Bedeutet fürs Album "Album": etwas Gitarre, etwas Schlagzeug, gelegentlich die Empire Of The Sun Elektro-Anleihen ("Headache"). Doch dabei rutschen sie keinesfalls in billige Nachahmerei ab.

Denn anders als ihre Sonnenstaat-Vorgänger warten Girls mit weit mehr Facetten auf, als nur mit dem umstrittenen 80s-Synthiepop.

Stücke im Singer/Songwriter-Charakter finden sich neben 60s-Rocknummern. The Tyde-Einflüsse werden gemixt mit The Fratellis-Klangmustern.

Dabei schrecken die Girls nicht vor langen, leisen Gitarrensoli zurück ("Darling") und verzichten ab und an ganz mutig auch mal komplett auf Gesang wie bei "Curls". In dem Akustikstück passiert nicht viel, dennoch bleibt man gespannt vor den Boxen sitzen.

Das liegt vor allem an der Komposition der Stücke, die genau in der richtigen Reihenfolge platziert wurden. So folgt ruhigen Tönen hinreißende Klampfenmukke, darunter das gleichzeitig elektronisch wie rockig anmutende Stück mit dem aggressiven Titel "Big Bad Mean Motherfucker".

Ebenso kommt "Morning Light" daher - auch im Mid-Tempo, aber noch eingängiger und vom Stil annähernd vergleichbar mit Phoenix.

Die Reihe der gelungenen Indie-Tracks reißt nicht ab. Besonders stechen dabei "God Damned" und, noch stärker, "Laura" hervor. Zweiterer erinnert an die Fratellis, besonders wegen des leichten Rhythmus' und der simplen Gitarrenriffs.

Die Texte wirken dabei ungewöhnlich schwer. Dennoch vermitteln sie trotz Düsterheit gute Laune. So singen die Girls von Mädchenthemen wie Turteleien, Liebeskummer und anderen Herzschmerzen.

Frech einerseits bei "Lauren Marie": "I might never get my arms around you but that doesn't mean that I won't try". Dann einfach, ehrlich und dabei äußerst belustigend eben beim nächsten Mädchen namens "Laura": "You've been a bitch, I've been an ass."

Nicht im Studio produziert, vermittelt die Platte eine sensationell heimelige Atmosphäre. Zum perfekten Durchstart à la MGMT fehlen da eigentlich nur noch ein paar Glamour-Glitzer-Funkel-Kostümchen. Damit können die Girls der Hippie-Kindheit wegen nicht aufwarten. Auch ihre Musikvideos scheinen mehr auf 68er und somit älter gemacht als sie selbst.

An komischen Storys um sie mangelt es dennoch nicht. So wohnen die Musiker in einer gemeinsamen Wohnung, teilen sich sogar ein Schlafzimmer - die Wand zwischen den Räumen haben sie gemeinschaftlich eingerissen. Mehr Hippie in der Moderne geht nicht. If you're going to San Francisco be sure to wear some flowers in your hair.

Trackliste

  1. 1. Lust For Life
  2. 2. Laura
  3. 3. Ghost Mouth
  4. 4. God Damned
  5. 5. Big Bad Mean Motherfucker
  6. 6. Hellhole Ratrace
  7. 7. Headache
  8. 8. Summertime
  9. 9. Lauren Marie
  10. 10. Morning Light
  11. 11. Curls
  12. 12. Darling

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Girls

Klickt man auf der MySpace-Seite von Girls auf den Link zur Homepage, landet man bei der Pillenidentifizierungs-Hilfe von drugs.com. Sehr bezeichnend …

30 Kommentare