laut.de-Kritik

Wir haben beides: Blues- und Southern-Rock.

Review von

Nashville, Tennessee im Jahre 2009. Gitarrist und Sänger Tyler Baker zieht mit seinen Cousins Landon Milbourne und Brandon Qualkenbush in das Epizentrum des amerikanischen Blues. Inspiriert von zahlreichen Helden des Bluesrock wird ihre Band bald zu einem Begriff der Szene, Alben und Touren folgen bald. Im Jahr 2022 sind die Amerikaner bei Longplayer Nummer vier angekommen. Das Werk trägt den Namen "See Where The Night Goes" und schreibt ein weiteres Kapitel des zeitgenössischen Blues-Rock.

Moderne Bands dieses Genres kämpfen oft mit dem Vorurteil nicht originell genug zu sein, sondern nur ihren Vorbildern nachzueifern. Diesen Vorwurf müssen sich auch Goodbye June gefallen lassen, deutlich sind Einflüsse à la Led Zeppelin, Aerosmith oder Blind Melon zu hören. Gleich auf dem Opener "Step aside" fühlt man sich an die bluesigen Ausflüge der frühen AC/DC erinnert. Sänger Landon Milbourne klingt verblüffend nach Bon Scott, den simplen Schlagzeug-Rhythmus gibt es inklusive. Die Hommage gelingt aber durchaus gefällig. Aus "See Where The Night Goes" tönt dagegen eher der Southern-Rock im Stile der Black Crowes durch, ohne jedoch deren Level des Songwritings zu erreichen.

Aus "Breathe And Attack" hört man die whiskey-geschwängerte Atmosphäre der Bluesclubs in der Wahlheimat Nashville heraus. Der Song löst sich alsbald in einen simplen Chorus auf, der mit seinen Background-Vocals erneut an AC/DC erinnert. An dieser Stelle beginnt das Album etwas an Linie zu verlieren. In den bisher stringent-bluesigen Grundton der Scheibe mischt sich auf "Take A Ride" eine Prise Hair-Metal aus den 80ern, plötzlich kommt der Bierdosen-Rock mit einem "Hey Mama"-Refrain dazu.

Die wilde Reise durch alle Spielarten des Blues geht auf "What I Need" munter weiter. Die Piano-Ballade klingt wie aus den 90ern entsprungen und versucht sich am Kontrapunkt zur bisher rauen und erdigen Gangart der Platte. Ein theatralisches Ende inklusive Gospel-Chor macht einiges her, der Flow scheint aber auf eine seltsame Art gebrochen. Zwar geht "Stand And Deliver" wieder etwas mehr zur Sache, die recht simple Machart des Songs mag aber nicht so recht zünden. Immer öfter beschleicht einen das Gefühl das alles nicht nur schon mal irgendwo, sondern auch besser gehört zu haben.

Goodbye June finden auf "Baby I'm Back" glücklicherweise zurück zum lässigen Blues, was den dreien offenbar deutlich am meisten liegt. Die Anlehnung an die australischen Vorbilder ist zwar auch hier wieder deutlich zu hören, das Ganze funktioniert aber recht ordentlich. "Everlasting Love" dagegen bewegt sich plötzlich in der Country-Ecke. Die Nummer mag beim amerikanischen Publikum ankommen, bewegt das Album aber erneut in eine Richtung, die nicht so recht passen mag. Um so mehr, da das Trio auf "Nothing" umgehend den Schritt zurück zu einer schleppend eindringlichen Blues-Walze macht.

"Three Chords" ist keineswegs als Punk-Hommage angelegt, sondern kommt als entspannt rollender Southern-Rocker daher. Eine Hymne, die in jedem Chevy in und um Nashville ihren Platz finden dürfte. Zum Finale stimmen Goodbye June auf "Black" noch ungewohnt ernste Töne an. Der Song rollt bedrohlich voran, gewinnt deutlich an Eigenständigkeit und beendet das Album noch einmal mit einer anderen Note. Für mehr Songs wie diesen hätte man durchaus auf den ein oder anderen Ausflug in die zahlreichen Genres des Rock verzichten können. "See Where The Night Goes" ist sicher ein solides Album geworden. Die Familien-Bande aus Tennessee legt vor allem am Anfang und gegen Ende des Albums mehr als ordentliche Songs vor. Dazwischen verlieren sich Goodbye June jedoch oft zu sehr in bemühter Vielseitigkeit.

Trackliste

  1. 1. Step Aside
  2. 2. See Where The Night Goes
  3. 3. Breathe And Attack
  4. 4. Take A Ride
  5. 5. What I Need
  6. 6. Stand And Deliver
  7. 7. Baby, I'm Back
  8. 8. Everlasting Love
  9. 9. Nothing
  10. 10. Three Chords
  11. 11. Black

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