laut.de-Biographie
Gus Gus
Die Wikinger von Gus Gus präsentieren sich zu Beginn ihrer Karriere ab 1995 gern auf einer fast leeren Bühne vor allerlei elektronischem Gerät und einer Kinoleinwand, auf der Dias und Animationen die fesselnde Atmosphäre der Musik verstärken. Meist nur schemenhaft, von grünen Spots beleuchtet, taucht die umwerfende Sängerin und Tänzerin Lola Be Nice elfengleich aus der Tiefe der Bühne auf und wieder ab. Im Zusammenspiel mit den hypnotisierenden Beats ausreichend, um zumindest den männlichen Teil des Publikums in Ekstase zu versetzen.
Immer im Vordergrund die beiden Sänger, im hinteren Teil der Bühne die Soundkünstler an den Maschinen. Für ein, zwei Stücke bringt ein E-Gitarrist dann doch noch ein echtes Instrument ins Spiel und heizt die ausgelassene Stimmung mit seinen treibenden Riffs weiter an. Die verschrobenen Klänge von Gus Gus sind zu Anfang kaum in Worte zu fassen: weder Techno noch Jungle mag auf diese wilde Dance-Melange so recht passen.
Dass die Truppe elektronische Musik so lebendig rüber bringt, stellt die zunächst zwölfköpfige Combo aus dem isländischen Reykjavik binnen kürzester Zeit in ganz Europa unter Beweis. Ihr Erstling "Polydistortion" mit dem skurrilen Tanzschlager "Polyesterday" kommt Ende 1995 in ihrer Heimat raus, ein Exemplar landet beim Londoner Indielabel 4AD, das ein Jahrzehnt zuvor als Heimat für die Pixies und die Cocteau Twins fungierte. 4AD sind begeistert von dem, was da aus dem fernen Island an ihre Ohren dringt und die Liebe des Labels fürs künstlerische Detail passt scheinbar perfekt zu Gus Gus' ausgeprägtem visuellen Stil, angefangen beim Coverartwork bis hin zu ihren Liveshows. Kein Wunder: hüpfen in der Urformation doch einige Kunststudenten mit herum.
Angefangen hatte alles im Frühjahr 1995, als die jungen Filmemacher Stefán Árni und Siggi Kjartansson einen Kurzfilm planen: Eine Kurzgeschichte über das wahre Leben von Reykjavik. Als sie die Rollen in ihrem Film besetzen und auf die Vielseitigkeit ihrer Schauspieler aufmerksam werden, ändern sie ihren Plan: Sie machen eine Platte. Zusammen mit der Electronik-Band T-World entsteht das von Kritikern bejubelte Debüt "Polydistortion", das im Frühjahr 1997 schließlich auch in Resteuropa erscheint. Gus Gus ist eine Fusion aus Band, Freunden, DJs, Dichtern, Filmemachern, Sängern, Schauspielern, Fotografen und einem Design-Studio.
Schnell etablieren sich Gus Gus fest im Popgeschäft. Ihre zweite, weniger experimentelle Platte "This Is Normal" chartet 1999 im Gefolge der Hitsingle "Starlovers" europaweit. Anschließend begibt sich die Band auf Tournee, die nicht zuletzt aufgrund der großen Besetzung aber unheimlich teuer gerät. Nach einer längeren Auszeit, die auch mit massivem Mitgliederschwund einher geht, melden sich Sängerin Urdur Hákonardottir aka Earth aka Lola Be Nice, Stephan Stephensen aka President Bongo und Magnus Gudmundsson aka Buckmaster de la Cruz 2003 als Trio mit einem neuen Studioalbum zurück. "Attention" heißt das dritte Werk, das die Band erneut live auf Tournee vorstellt. Ihrem Stil sind die Insel-Stars dennoch treu geblieben: elektronisches Blubbern, knallige Dance-Rhythmen und unkonventionelle Gesangslinien dominieren den Gus Gus-Sound.
Nach Auftritten auf Festivals und im Vorprogramm von Moloko erscheint im Herbst 2003 das Mix-Album "Mixed Live", das die Band in der Sirkus Bar in Reykjavik aufnahm. Längst bereisen Bongo und de la Cruz nebenher als DJs die Welt, wo sie ihrem Pop- und Tech-House-Faible in vollem Umfang gerecht werden. 2005 hört man von der Gründung des bandeigenen Labels Pineapple Records, worauf im November die EP "Need In Me" erscheint, als Vorbote für das neue Album.
Erneut gab es einen Mitgliederwechsel: für den ausgestiegenen Buckmaster de la Cruz ist nun Mischpultschrauber Biggi Veira an Bord. Das Album "Forever" erscheint Ende Februar 2007 hierzulande über das Münchner Label Great Stuff und wird ebenfalls wieder auf den Clubbühnen Europas abgefeiert. Als Gastsänger(in) fungiert auf den Tracks "Need In Me" und "Hold On" mit der isländischen Discodiva/Drag Queen Pall Oskar eine Ikone der Homosexuellen. Außerdem arbeiteten der Detroiter Songwriter Aron Carl, Omar Gudjonsson und Hi-Hat-Spezialist Helgi "Hithat" Helgason an "Forever" mit.
Zu dritt erregt man die Aufmerksamkeit der Kölner Techno-Institution Kompakt Records, die sich 2009 um das sechste Studioalbum kümmern. Der Sound auf "24/7" ist stark reduziert, während sich die Songs im Gegensatz dazu an der epischen Zehn-Minuten-Grenze bewegen. Zwei Jahre später finden die Isländer mit "Arabian Horse" wieder zurück in poppigere Gefilde. Ihren Soul sowie den starken Dancefloor-Bezug haben sie nicht verloren.
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