laut.de-Biographie
Hakan Lidbo
Gegen die langen Winternächte in Schweden hat Hakan Lidbo ein erstklassiges Rezept gefunden. Er verzieht sich in sein Studio und produziert dort neue Tracks wie am Fließband. Mit den unzähligen Erzeugnissen aus seinem Tonstudio ist Hakan Lidbo regelmäßig auf namhaften Labels zu Gast. Ob Pokerflat, Lasergun, Force Tracks, Loaded, Raygun, Moonharbour oder Shitkatapult, sie alle setzen gerne auf den gleichermaßen arbeitswütigen wie kunstsinnigen Schweden.
Der hat mit Alvarez De Jesus, Bobby Trafalgar, Data 80, Tigerskin, Monsoon und Royal Flesh gleich ein halbes Dutzend Pseudonyme am Start. Vielleicht rührt die Vorliebe für Verkleidungen und Verwirrspielchen ja von seinem erklärten Vorbild, dem Avantgardekünstler Marcel Duchamp her, der es ebenfalls liebte, in andere Rollen zu schlüpfen.
Hakan Lidbo kommt am 20. Juli 1965 in der südschwedischen Industriemetropole Malmö zur Welt. Nachdem ihm der Klavierunterricht zu langweilig wird, kauft er sich zur Freude seines Trompete spielenden Vaters einen Synthesizer. Ein Sampler und zahlloses anderes Gerät komplettieren die heimische Groovefabrik schnell. Dort jagt er Miles Davis und John Coltrane durch den Sampler, unterlegt sie mit Hip Hop, tritt 1991 gar im Vorprogramm von Public Enemy auf und jammt nebenbei noch in kurzlebigen Rockbands.
Mehr und mehr findet Lidbo Gefallen daran, andere Bands zu produzieren, und arbeitet dabei unter anderem mit Andy Hughes von The Orb zusammen. Richtig in die Gänge kommt Hakan Lidbo 1998 mit der Gründung seiner Labels Left Right und Deck Deli, wo er jedoch keine eigenen Tracks veröffentlicht. Seine deepen Techhousetracks finden schon kurz darauf bei Steve Bugs Pokerflat Label ein Zuhause. Daneben experimentiert Lidbo mit so ziemlich allem, was die jüngere Musikgeschichte hergibt. Von Disco, über House zu Techno, von dort zu Minimal oder Experimental und wieder zurück.
Nach zwei Longplayern auf dem dänischen Label April erhöht Lidbo seinen Bekanntheitsgrad in Deutschland mit dem Album "Tech Couture", das auf Pokerflat erscheint. Zuvor schon hatte er mit "Meta-Matic" und "Kiki De Montparnasse" seinen Namen mit einem guten Klang versehen. "Tech Couture" passt gut in die gerade aufkeimende Tech-House-Euphorie und lässt einschlägige Adressen wie das Leipziger Label Moonharbour oder Savas Pascalidis Lasergun Imprint hellhörig werden, wo das Retro-Disco-Album "Sexy Robot" sein passendes Zuhause findet.
2004 ist Hakan Lidbo nach zwei Longplayern auf Artists Know As wieder bei auf dem T.Raumschmiere Label Shitkatapult zu finden, wo Remixe seines Tracks "Clockwise" das Licht der Welt erblicken. An die Grooves des Schweden wagt sich unter anderem Si Begg.
Für Aufsehen sorgt der Schwede 2007 in seiner Heimat mit den zwei schwedischen Kraftwerk-Coverversionen "Vår Nya Värld" ("Computerwelt") und "Modellen" ("Das Model"). Unter dem Namen Audio Objekt machte sich Lidbo gemeinsam mit Partner Patrik Persson daran, sowohl Text als auch Melodie zu verändern - ein Eingriff, der nach urheberrechtlichen Richtlinien vom Komponisten abgesegnet werden muss.
Zwar wussten die langjährigen Kraftwerk-Fans Lidbo und Persson um die rigide Genehmigungshaltung ihrer Idole. Die positiven Reaktionen der schwedischen Sony-Vertreter auf die Songs verliehen ihren Hoffnungen indes Flügel. Trotzdem: Kraftwerk fanden die Änderungen nicht lustig und untersagten dem Duo die Veröffentlichung.
Lidbo nahms mit Galgenhumor: "Die Majorfirmen haben große Ausgaben und müssen sehen, wie sie die wieder reinkriegen. Wir von den Kleinen haben wenig Ausgaben, wenig Einkommen, dafür aber die Freiheit, tun und lassen zu dürfen, was wir wollen. Daher bevorzuge ich es, Teil der kleinen Gruppe zu sein", so der Musiker im Gespräch mit laut.de.
Unterdessen ist der Workaholic gedanklich ohnehin schon wieder woanders: Mit dem Multimedia-Projekt 60 01 60 nähert er sich gemeinsam mit einer Künstlergruppe dem Begriff der Zeit auf akustischer und visueller Ebene an. Das Projekt besteht aus sechzig Fragmenten mit sechzig Sekunden Länge, dargestellt in Musik, Choreographie, Grafik, Mode und Film. Im Stockholmer Kulturhuset feiert das Avantgarde-Projekt Premiere. 2008 erscheint in Schweden eine Doppel-CD mit den sechzig Tonschnipseln inklusive einer DVD.
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