Porträt

laut.de-Biographie

Ja, Panik

Zunächst ab 2001 unter dem Namen "Flashbax" aktiv, veröffentlichen die Mitglieder von Ja, Panik bereits 2004 das Album "Straight Outta Schilfgürtel". Die Schule ist zu diesem Zeitpunkt gerade abgeschlossen und die Band lebt noch im Burgenland an der östlichen Landesgrenze Österreichs. Schon mit den zehn Songs dieses Debüts zeichnen sich aber erste musikalische Konturen ab.

Vorchecking: Danger Dan, Cro, Haftbefehl
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Außerdem am Freitag neu: Mike Leon Grosch, Mine, Royal Blood, Jamule, Pink Floyd, Gary Moore, Birdy, Gojira, Ufo361, Klee, Lil Baby etc.
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Zwischen Schrammelrock mit Piano-Nervositäten und Jugend-forscht-Pop mit Synthesizer-Selbstversuchen will man sich noch nicht recht entscheiden, weshalb Flashbax mitunter an die DIY-Frühphase der Sportfreunde Stiller erinnern, wenn sie eine jubelierende Jugendzentrumshymne wie "Popmusik" anstimmen. Flashbax können aber auch ganz schön melancholisch klingen, wie im Outsider-Refrain in "Patti Smith": "Und aus dem Radio kommt wie von Nirgendwo ein Lied von Patti Smith / Und du sitzt betrunken in Gedanken versunken in einem Zugabteil / Das dir heute Nacht ganz allein gehört."

So spürt man zwischen den Tönen und Zeilen, das hier mit dem unbedingten Talent von Songschreiber Andreas Spechtl und weniger Selbstreferenzialität etwas zusammenwachsen könnte. Also geht die Band nach Wien und streift mit dem Bandnamen als erstes auch den Mief der Provinz und die Adoleszenz ab.

Ab jetzt nennt man sich Ja, Panik und gibt sich ganz den Verlockungen der Großstadt hin: "Ja, Panik treibt mich / Whatever get's you through the night / It's alright, it's alright." Diese Zeilen prangen neben Spritzbesteck im Inlet des selbstbetitelten Erstlings, der 2006 erscheint und in Österreich auf begeisterte Resonanz stößt. Die Singles "Ob Ich Das Verdiene?" und "Zwischen 2 Und 4" entern Radio- und Redaktionscharts, weil die Band jugendlichen Übermut und intellektuelle Lässigkeit in dreckigen Pop mit dem Wissen von Post-Punk und Country zu verwandeln weiß.

Ja, Panik - Don't Play With The Rich Kids
Ja, Panik Don't Play With The Rich Kids
Pop und Parolen gegen die Zerfaserung der Welt.
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Deutsche Pendants wie Anajo klingen zwar durchaus ähnlich, doch gerade die Texte flutschen nicht so wie bei Ja, Panik. Spechtl arbeitet nebenbei an der Garderobe im Club Flex, dementsprechend geprägt ist sein Wortschatz von der hedonistischen Sprache der Nacht: "Zwischen 2 und 4 ist die Stadt in meiner Hand / Und ich schrei so laut ich kann / Nein, nein, nein / In zwölf verschiedenen Sprachen." Oder: "Ich möchte der sein, der mit dir trinkt / Wenn hier alles zum Abschluss swingt."

Dass Spechtl seine nächtlichen Erlebnisse, die er bei einigen Konzerten in Deutschland noch als Solist ungelenk vorträgt, längst nicht auf einem Album unterbringen konnte, offenbart "The Taste And The Money" aus dem Jahr 2007. Vom Musikmagazin Spex gar zur wichtigsten deutschsprachigen Platte seit "L'Etat Et Moi" von Blumfeld erklärt, wird mancherorts in Anlehnung an die Hamburger Schule sogar eine Wiener Schule ausgerufen, weil parallel auch Eva Jantschitsch alias Gustav mit klugem Pop verzückt.

Konsequent bindet Spechtl auf dem Album englische Sprachfragmente in seine Texte ein und entdeckt im großen Stil das Popzitat für sich. "Roadmovie To ..." reiht Sätze aus verschiedenen Mafiafilmen aneinander, "Ich Bringe Mich In Form" zitiert seine großen Vorbilder: die große österreichische Kunstfigur Falco und den Songpoeten Bob Dylan.

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Ja, Panik "Wir meinen das total ernst"
Andreas und Stefan über "Libertatia", Schlager-Vorwürfe und den Abgang zweier Bandmitglieder.

Der Spex offenbart Spechtl seine Arbeitsweise: "Ich schreibe auf: Wörter, Sätze, Fragmente, aus dem Zusammenhang Gerissenes. Egal was. Einfach alles. Ich streiche so viel weg, bis am Ende nur noch ein Kern von dem übrig bleibt, was sich ursprünglich angesammelt hatte. Beim Nachstellen geht die Intention des ursprünglichen Autors automatisch verloren." Aus dieser Zitatmaschine entspringen zutiefst poetische Songs, die sich im kreativen Spannungsfeld zwischen Falco, Lou Reed und den Fehlfarben bewegen.

2008 zieht Spechtl nach Berlin. Er musiziert dort mit Christiane Rösinger von Britta, am Tresen sieht man ihn mit Jens Friebe. Parallel entsteht mit Beatsteaks-Produzent Moses Schneider das dritte Album "The Angst And The Money", das im September 2009 das Licht der Welt erblickt und sich noch einmal mit dem lieben Geld und seinen Folgen befasst: Exzess und Dekadenz - das Spezialgebiet des Andreas Spechtl. Zusammen mit den ebenfalls nach Berlin umgesiedelten Sebastian Janata (Schlagzeug), Stefan Pabst (Bass), Christian Treppo (Klavier) und Thomas Schleicher (Gitarre) setzt er diese Vision um.

Den Nachfolger spielt das Quintett ebenfalls bei Moses Schneider ein. "DMD KIU LIDT" erscheint im April 2011 und seht für "Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit". Nicht nur thematisch, sondern auch in Sachen Bilingualität knüpfen Ja, Panik nahtlos an das bisherige Schaffen an - und erfreuen sich beachtlicher Medienwirksamkeit.

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Drei weitere Jahre ziehen ins Land, ehe sich die Band mit dem ebenso viel besprochenen "Libertatia" zurückmeldet. Durch den Abgang von Christian Treppo und Thomas Schleicher hat sich in der Zwischenzeit manches verändert. Allen voran ersetzen auf der zu dritt aufgenommenen Platte Synthies die Schrammelgitarre vergangener Tage. Ex-Kolossale Jugend-Sänger Kristof Schreuf nennt es treffend: "Dostojewski in der Disco"

2015 veröffentlicht Spechtl eine Solo-Platte unter dem Künstlernamen "Sleep", 2016 schreiben Ja, Panik ihre autobiografische Bandgeschichte. In "Futur II" pfeifen sie auf spröde Wikipedia-Fakten oder ein stringentes Narrativ, und setzen statt dessen kryptische Informationen, Versatzstücke und Zeitdokumente wie alte E-Mails, Bildmaterial und Briefwechsel zusammen.

Dann braucht die Band erstmal eine Pause, fast ein halbes Jahrzehnt, bevor Ja, Panik sich mit "Die Gruppe" zurückmeldet. Melancholischer sind sie geworden und haben die Disco vom Vorgänger wieder verlassen, bleiben sich aber in der denglischen Eigensinnigkeit treu. Im Interview mit Zeit Online erzählt Spechtl, was Ja, Panik als Gruppe so stark macht: "Alle haben die gleichen Rechte. Jeder kann immer sagen: Diesen Ton, dieses Wort will ich nicht auf der Platte haben."

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Sleep - Sleep: Album-Cover
  • Leserwertung: 1 Punkt
  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2015 Sleep

Kritik von Markus Brandstetter

Ja, Panik-Sänger Andreas Spechtl über den Schlaf. (0 Kommentare)

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