laut.de-Kritik

Carpe Diem unter Discokugeln.

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Nimmt man Something Corporate als Ausgangspunkt der musikalischen Bemühungen von Andrew McMahon, fällt die Weiterentwicklung zu Jack's Mannequin dezent aus. Der Amerikaner agiert in beiden Fällen als Songwriter, Sänger und Pianist. Es fällt auf, dass Pop-Momente stellenweise die überlieferte Punk-Spielweise ersetzt. Einzig auf "Suicide Blonde" dominieren verzerrte Gitarren, was den Song aber leider nicht vor dem Schlund des bösen College Rock-Monsters retten kann.

Vielleicht lag McMahon eine produktionstechnisch ausgefeilte Spielart näher, da er seine Gefühle unmissverständlich ausdrücken wollte. Schließlich gestattet er dem Hörer hier einen mikroskopisch genauen Blick auf seine emotionalen Verflechtungen. Sein Leben hing am seidenen Faden, als er 2005 an Leukämie erkrankte und dann fast an einer Lungenentzündung zugrunde ging.

Entsprechend dient das Carpe Diem-Banner als lyrischer Leitfaden. Mittlerweile wieder genesen, pendeln die Texte stets zwischen jugendlichem Übermut und einer gedämpften Freude. Fern von Weltschmerz schöpft er mit jedem Schritt, den er seit der Heilung tätigt, neuen Lebensmut.

Tanzflächenfegern wie "Spinning", der Discokugel-Hommage "Bloodshot" oder dem unbeschwerten Hornsby-Zitatereigen "The Resolution" treffen diese Stimmung hervorragend. Die seeligen New Radicals lassen grüßen und salutieren vor den perfekt dargebotenen Poprock-Knallern, deren Salonfähigkeit Granden wie Elton John, Billy Joel oder eben Bruce Hornsby vorbereiteten.

Über allen Songs thront jedoch das epische "Caves". In bester Jim Steinman-Songwriting-Manier zelebriert McMahon ein musikalisches Wechselbad der Gefühle. Zwar intoniert der Junge nicht in Meat Loafs Liga, trotzdem erreicht er emotionale Spannweite durch Falsett-Einsatz und Blues-Rauhigkeit.

Chris Lord-Alges heilende Hände machen den Mix zu einem Erlebnis. Gibt McMahon in Zukunft noch ein wenig von seinem Alleinanspruch auf das Songwriting zugunsten seiner fähigen Mitmusiker respektive Bandmitglieder preis, kann den standardisierten Popfloskeln demnächst ein richtig guter Nachfolger zur Seite gestellt werden.

Trackliste

  1. 1. Crashin'
  2. 2. Spinning
  3. 3. Swim
  4. 4. American Love
  5. 5. What Gets You Off
  6. 6. Suicide Blonde
  7. 7. Annie Use Your Telescope
  8. 8. Bloodshot
  9. 9. Drop Out - The So Unknown
  10. 10. Hammers And Strings (A Lullaby)
  11. 11. The Resolution
  12. 12. Orphans
  13. 13. Caves
  14. 14. Miss California

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