laut.de-Kritik
Country-Rock unter den Fittichen von Punk-Legenden.
Review von Giuliano BenassiNicht schon wieder eine junge Frau, die auf Retro macht, könnte man beim ersten Blick aufs Cover meinen. Sind, oder waren, Amy Winehouse und Lana Del Rey nicht genug?
Einen Vorwurf kann man Jade Jackson diesbezüglich natürlich nicht machen, zumal sie sich von den oben genannten Damen sowohl musikalisch als auch von der Einstellung her absetzt. Sie ist kein Hochglanz-Pop-Produkt, sondern eine Singer/Songwriterin im traditionellen Sinne, mit eigener Band und selbst geschriebenen Stücken. Dass ihr Debüt auf ANTI erscheint, ist für sich schon ein Qualitätsmerkmal.
Das Label gehört Bad Religion-Gitarrist Brett Gurewitz und bietet seit eh und je Americana mit unterschiedlichen Facetten. Diesmal sind es Country und Folk mit einer punkigen Attitüde, wobei letztere weniger an Gurewitz als an Mike Ness liegt. Der Frontmann von Social Distortion ist nicht nur der Produzent, sondern auch so etwas wie der Mentor der jungen Kalifornierin. Er vermittelte den Kontakt zum Label und ließ sie rund um die Veröffentlichung des Albums als Opener für seine Band spielen.
Seitdem sie mit 13 Jahren zum ersten Mal zur Gitarre griff, habe sie über 300 Songs geschrieben, erzählt Jackson stolz. Bahnbrechendes dürfte nicht dabei sein. "I grew up my father's daughter / He said, 'Don't take no shit from no one' / You'll never see me cry / 'Til now I've had no reason why", lautet die erste Strophe noch vielversprechend. "I'm alone / 'Cause my baby, he's gone" der Beginn des ernüchternden Refrains. Immerhin braust sie am Ende von "Motorcycle" auf zwei Zylindern davon.
Musikalisch geht es mit E-Gitarren, Bass, Schlagzeug und Fiddle munter country-rockig zu. Jackson bringt mit ihrer leicht raspeligen Stimme die nötige Portion Sehnsucht ein, ohne es zu übertreiben.
Eine Mischung, die gut funktioniert. Auch wenn Ness ihr half, eine Combo zusammen zu stellen, rekrutierte Jackson Musiker, die sie noch aus Schulzeiten kannte. Tyler Miller (Schlagzeug), Andrew Rebel (Gitarre, Mandoline, Piano), Jake Vukovich (Bass) und sie seien eine richtige Band, betont Jackson. Bei den Aufnahmen ließen sie sich auf einigen Stücken von Sara Watkins (Fiddle) begleiten, Gastbeiträge leisteten auch Social Distortion-Mitglied David Kalish (Gitarre und Klavier in "Troubled End") sowie Studio-Größe Greg Leisz (eine jaulende Pedal Steele in "Finish Line").
Und Mike Ness? Mischte die Rhythmusgruppe ein Spur zu laut und punkig ab und steuerte das Gitarrensolo für "Good Time Gone" bei. Der Eindruck ist, dass er sich sonst ziemlich zurück hielt. "Ich hätte dieses Album nicht gemacht, wenn ich nicht an sie und ihr Potential glauben würde", erklärte er danach.
Begeistert hört sich anders an. Was man "Gilded" anmerkt: Eigentlich alles richtig gemacht, aber letztlich fehlt die entscheidende Prise Leidenschaft. Von Lucinda Williams oder Emmylou Harris, mit denen sie gerne verglichen wird, ist Jackson ein ganzes Stück entfernt. Noch, denn das Potential ist da, wie Ness richtig feststellt. Vielleicht ein Fall für T Bone Burnett?
1 Kommentar
»Mike Ness [...] Mischte die Rhythmusgruppe ein Spur zu laut und punkig ab...«
Das und die recht angenehme Stimme der Sängerin hebt das Album von vielen Werken anderer Singer/Songwriterinnen und Pop-Sternchen ab. Kein katzenjammerartiges Gejaule mit seichtem Begleitgeklimper.