laut.de-Kritik
Wann darf der Frankfurter endlich mal in Bayreuth ran?
Review von Martin TenschertZur besinnlichen Adventszeit liefert uns Ober-Techno-Player Johannes Heil mal wieder einen deftigen Bassbraten. Schnurrende, gurgelnde Sounds ist man von jeher gewöhnt, wenn sein Name fällt. Man möchte das Fleischthermometer fallen lassen und sogleich in den nächsten Club rennen.
"The Black Light" gibt sich archaisch, praktisch, verheißungsvoll - die Tracktitel fallen um so lapidarer aus. "Scene 1 - 10" heißen die Stücke. Aber wie sagten schon die Pop-Philosophen von Brooklyn Bounce einst so schön: Es geht ja schließlich um "Bass, Beats & Melodie"!
Recht hatten sie, Name ist Schall und Rauch, lasset die Rave-Spiele beginnen. "Scene One" legt sogleich die Basis für einen düsteren Beat-Reigen. Heil kommt hier zwar komplett ohne Drums aus, baut aber einen feinen Spannungsbogen zwischen dunklen Streichern und Bass-Synth auf.
Der zweite Streich schiebt ordentlich nach, knisternde Hi Hat und gebrochene Bassdrum beschwören in bester Stanley Kubrick-Manier die Ruhe vor dem Sturm. Der Track ist orchestral arrangiert und fungiert als Ouvertüre ersten Ranges zwischen Richard Wagner und Samuel Barber. Plötzlich hallen Claps durch den Raum, Lohengrin, bist Du's?
"Scene Three" bleibt uns die Antwort schuldig, jedoch wird hier das Geschehen ins Berghain oder einen Birkenhain verlegt. Pochende Kickdrum, Hihats, die schieben wie eine Lok aus der Gründerzeit. Die Rußfilter lassen wir mal außen vor, diese Szenerie könnte auch vortrefflich irgendwen von Klaus Kinski bis Lars Eidinger beim irren Spiel illustrieren. Es schrauben sich liebliche Chords dazwischen, sie gewinnen aber nicht die Oberhand über die endzeitliche Grundstimmung. Wann darf der Frankfurter endlich mal in Bayreuth ran?
Auch "Scene Five" überzeugt mit durch schamanischem Monotonismus. Man fühlt sich an alte Rave-Klassiker von Model 500 erinnert, Bleep-Signale, Zittern, Knattern, das unperfekte Ideal. Spuren verlagern sich minimal, finden wieder zueinander. Die Essenz von funktionalen und dennoch musikalischen Techno Tracks zu filtern, das wäre doch was. Johannes Heil hat das auf jeden Fall drauf. Auch die Momente, wenn es im Club unangenehm wird, alles zuviel, zu krass, zu nervig. Gehört aber dazu, da muss man einfach durch.
Eine gehörige Portion Funkyness flackert immer wieder durch, "Scene Nine" legt einen fast schon jazzigen Groove an den Tag, man sieht vor dem geistigen Auge den guten DJ Hell schon dazu von links nach rechts hinterm DJ-Pult wanken. Trockene Claps und dezente Synths halten die Bude am Laufen, getragen von einem hypnotischen Melodienriff und oldschooligen 808 Sounds.
Dieser Techno-Festtagsbraten hat so gut wie keinen faden Beigeschmack. Da nimmt man auch gern den Tinnitus in Kauf, wenn man im Morgengrauen nach Hause wankt.
1 Kommentar mit einer Antwort
Schönes Ding!
Jep. Bollert gut.