laut.de-Kritik

Diese anspruchslose Musik macht Spaß und gute Laune.

Review von

Auch wenn der Innovationsgrad auf dieser CD gegen null tendiert, bieten die Jonas Brothers auf "Happiness Begins" ordentliche Unterhaltung. An diese Boygroup stellt aber auch keiner mehr Erwartungen, seit sie die Auszeichnung "schlechteste Band der Welt" erhielten.

"I put a smile on (...) They think I'm happy when I'm sad." Mit diesen Worten aus "Happy When I'm Sad" löst das Electropop-Album seine Überschrift ein, denn nicht alleine der Titelsong kreist um gute Laune auf Knopfdruck und um Glückssuche. Zwei Songs ("Only Human", "Every Single Time") schlagen den Reggae-Beat im Rock-Pop-Korsett an, wie das in den USA seitens Rebelution oder Collie Buddz gut ankommt. Fast Food-Ketten beschallen ihre Filialen mit solcher Musik, und das gewiss wegen ihrer Harmlosigkeit, ihrer Massenverträglichkeit und ihres dynamischen Vorwärtsstolperns.

Einerseits vereinfachte man die Sache zu sehr, würde man die Jonas Brothers 'nur' als Boygroup abtun. Denn Kevin Jonas, der auch Mandoline spielen kann, hat in der Zwischenzeit Musikproduktion studiert, und für ihre Bühnenshows achteten die Brüder zwischenzeitlich auf echte Instrumente, einen Percussionisten, eine Geigerin. Ein paar unglaublich eingängige und gut gemachte Tracks enthält "Happiness Begins" fraglos auch. Andererseits: Auf Dauer und auf kompletter Albumlänge lässt sich solche Musik kaum ernsthaft hören, wenn man ein bisschen mehr will als Synthie-Standards und Allerwelts-Lyrics. Hier die Flop Five der Textzeilen: "I will take your pain / And put it on my heart / I won't hesitate / Just tell me where to start / I thank the oceans for giving me you / You saved me once and now I'll save you too" (in "Hesitate"). Ob die Ozeane dem Joe Jonas antworten werden? Ob ihm eine Meerjungfrau begegnete? Die Präposition "on" passt nicht, weil der Texter das Organ Herz und das 'Herz' im übertragenen Sinne verwechselte. Schmerz kann man nicht anfassen usw.

"Sucker" setzt den ernsthaften Versuch von Metaphorik oben drauf: "Du bist die Medizin und der Schmerz / das Tattoo in meinem Kopf / Und, Baby, du weißt, es ist offensichtlich." Das allseits beliebte Zeilenfüllsel "Oh yeah" ergänzt das ebenfalls gern genutzte "Babe", um ein paar weitere Leerstellen zu überbrücken: "Every night, every day / how about every lifetime? Yeah, I know what they say / and that's fine / 'Cause I'm here to stay (...) / Babe, you send me to space and you're mine, yeah" Die Nummer, aus der das stammt, heißt "I Believe" und hört sich musikalisch als Disco-Titel sogar ziemlich rund an.

"Gegensätze ziehen sich an, und wir sind dafür der lebende Beweis / Aber ich werde weiterhin wie ein Magnet zurückkommen." Man beachte das unter Logik-Gesichtspunkten falsch gesetzte 'aber' hier in "Love Her". Eine Stichprobe müssen die Jonas Brothers noch verkraften: "Dance in the living room / love with an attitude / Drunk / It's only human / You know that it's real." Manche dieser Lines klingen so abstrus zusammengeschustert, dass sie sich als unübersetzbar erweisen: "Tanze im Wohnzimmer / liebe mit einer Haltung / betrunken / das ist nur menschlich / du weißt, dass es echt ist."

Der Fairness halber: "Cool" weist durchaus plastische Poesie und einige witzige Einfälle auf, und bei weitem nicht alle Lyrics des Longplayers sind so schief geraten wie die oben zitierten. Musikalisch aber trumpfen die Jonas Brothers an etlichen Stellen mit überraschender Leichtigkeit auf. Wo im Vergleich etwa die Backstreet Boys 2019 bereits in nebligen Synthie-Loops mit ihrem Pseudo-Gospel-Falsettgejammer versackten und billigstes Drum Programming auf "DNA" auffuhren, fällt mit "Used To Be" nur ein solch krasser Aussetzer auf dem Album der Jonas Brothers auf.

Das beschwingte "Sucker" fände man bei Justin Timberlake kultig, während man es aus dem Munde der Jonas Brothers schon reflexartig ablehnt. Dabei macht diese Musik über weite Strecken wirklich Spaß und gute Laune. Anspruch hat sie zwar keinen, aber muss sie ja auch nicht haben. "Cool", ein wirklich guter Popsong, lässt nichts vermissen, was das populäre Genre braucht: das Lied klingt schmissig, eingängig, tanzbar, hat eine klare Thematik. "Happy When I'm Sad" punktet mit Mark Ronson-artigem Power-Funk-R'n'B und fetten Beats. Hier spürt man dann auch Emotionen. Wer auf einfaches, straightes, knackiges Gedudel steht, findet hier inzwischen frischere Songs als bei Coldplay.

Ja, das ist immer noch College-Pop, von inzwischen verlobten oder gar verheirateten Herren. Wen kümmert's, dürfen sie doch gerne in ihren Songs in andere Rollen schlüpfen. Insgesamt schneidet die ganze Produktion mit schwächeren Nummern ("Rollercoaster", "Comeback"), mittelguten ("Strangers", "Don't Throw It Away") und stärkeren Titeln ("Trust", "Only Human", "I Believe", "Every Single Time") solide ab und lässt sich schon hören, ohne dass man sich gleich fremdschämen muss. Die Platte setzt zwar voraus, dass man Synthie-Töne als 'Musik' akzeptiert. Zugleich platzieren die Eastcoast-Jungs abwechselnde Instrumentierung entlang ihrer Keyboards und werden immer dann glaubwürdig, wenn sie in R'n'B-Gefilde abbiegen.

Trackliste

  1. 1. Sucker
  2. 2. Cool
  3. 3. Only Human
  4. 4. I Believe
  5. 5. Used To Be
  6. 6. Every Single Time
  7. 7. Don't Throw It Away
  8. 8. Love Her
  9. 9. Happy When I'm Sad
  10. 10. Trust
  11. 11. Strangers
  12. 12. Hesitate

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