Porträt

laut.de-Biographie

Khrome

"Wir hingen früher den ganzen Tag herum und haben dumm gekifft. Irgendwann haben wir entdeckt, dass man draußen mit Sprühdosen Wände bemalen kann. Das hat sich dann gesteigert und unsere wunderschöne Jugend geprägt." Als Schöneberger wächst Khrome mit Streetart auf. Selbst seinen Künstlernamen lehnt der 1992 geborene Rapper an Chromschwarz an, die Farbe der Wahl aller Graffiti-Tags. Das sich maximal im rechtlichen Graubereich bewegende Hobby zwingt ihn allerdings dazu, sein Gesicht im öffentlichen Auftritt sicherheitshalber unkenntlich zu machen.

Seinen Nachschub an Spraydosen bezieht Khrome über den populären Hip-Hop-Laden Downstairs, der unter der Leitung von Aggro Berlins Co-Chef Halil steht. Das Label mit dem charakteristischen Sägeblatt definiert mit den Tapes von Die Sekte, Bushidos "Vom Bordstein Bis Zur Skyline" und Sidos "Maske" sein Rap-Verständnis:

"Das ganze Aggro-Umfeld war damals sehr faszinierend für uns kleine Piefkes." Neben der härteren Gangart gibt es natürlich auch kein Entrinnen vor Kool Savas, der zur gleichen Zeit die Sparte des technisch anspruchsvollen Raps für sich belegt.

Die kommerziellen Höhenflüge aus der Nachbarschaft wecken in ihm keine Begehrlichkeiten. Khrome integriert den Rap vielmehr ohne Hintergedanken ambitionslos in seinen Alltag: "Ich habe eigentlich immer nur für mich und aus Spaß Mucke gemacht. Wenn wir mit den Jungs malen gegangen sind, freestylet man ein bisschen und vertreibt sich so die Zeit." Eigene Songs aufzunehmen kommt schon aufgrund der fehlenden musikalischen Infrastruktur nicht in Frage. Der Berliner kann schlichtweg nicht auf Produzenten zurückgreifen, die ihm professionelle Aufnahmebedingungen ermöglichen.

2017 nimmt er sich erstmals auf und veröffentlicht über Instagram kurze Parts. Zwei Jahre später nimmt er die Liebhaberei mit größerer Ernsthaftigkeit in Angriff. Der Schöneberger weckt das Interesse von Kool Savas, der sich als A&R-Director für iGroove verdingt. Die "pure Berliner Energie" beeindruckt das Urgestein der Hauptstadt. Khrome erfreut sich am Respekt von einem "der besten Rappers in Deutschland" und unterschreibt als erster Künstler bei dem Schweizer Unternehmen. "Das ist super surreal. Ich bin dafür sehr dankbar."

Mit Jumpa nimmt er seine erste Single "Immer Noch" auf, die mitten in der Zeit der Coronavirus-bedingten Ausgangsbeschränkungen erscheint. Während sich andere Rapper über den zerschossenen Businessplan beklagen würden, bewahrt er sich demonstrativ seine Gelassenheit: "Ich und die Leute um mich herum kommen mit jeder Situation gleich gut zurecht - oder gleich schlecht. Das liegt im Auge des Betrachters." Seinen Debütsong bezeichnet er als "relativ direkt": "Man fährt nicht mit dem Jeep durch die Wüste, sondern mit dem tiefliegenden 3er BMW durch Schöneberg."

Doch "Immer Noch" kommt auch als Kritik an der herrschenden Markenfixierung im kommerziell erfolgreichen Rap daher: "Jeder Song hört sich an wie eine Einkaufsliste. Wer kann sich denn damit identifizieren? Also, ich nicht. Wenn ich mir eine Gucci-Hose oder Armani-Schuhe hole, dann wäre mein Konto leergeräumt." So besteht neben den modeaffinen Kollegen Khromes bescheidenes Ziel vor allem darin, dass der Saldo nicht länger im Minus verharrt: "Ich würde mich gerade freuen, wenn ich nicht jede Nacht schweißgebadet aufwache, um mir zu überlegen wie ich das ändere."

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