laut.de-Kritik
Viele Filler, wenige Killer: Rare Banger zwischen Rohrkrepierern.
Review von David Maurer2012 gelang Kid Ink mit seiner Independent-Veröffentlichung "Up & Away" der große Wurf: Top 20 in den Billboard-Charts und Nummer eins der iTunes-Alben in Deutschland. Den Überraschungserfolg bekam auch Major Sony mit und nahm den 27-Jährigen nur wenige Monate nach seinem Erfolg unter Vertrag.
Seine neu gewonnene Popularität nutzt der Kalifornier dann auch gleich, um seine nächste Platte "My Own Lane" mit zahlreichen hochkarätigen Features zu bestücken: Tyga, Pusha T, A$AP Ferg, French Montana, Chris Brown: Die Chart-Tauglichkeit des Newcomers hat sich herumgesprochen.
Dazu gesellen sich etliche weitere, weniger bekannte Künstler. Ganze zehn Songs enthalten Features, so dass die Gast-Parts trotz der mit 18 Tracks aufgeblasen wirkenden Albumlänge einen beachtlichen Anteil einnehmen.
Ähnlich wie sein entfernter Kollege Tinie Tempah, versucht wohl auch Kid Ink, mit den vielen Gastbeiträgen für Abwechslung zu sorgen und den Songs Hit-Potenzial einzuhauchen. Dass er dazu allerdings auch ohne Unterstützung im Stande wäre, beweist er gleich in "Hello World". Klavierklänge und eingängige Hook brennen sich schon beim ersten Hören ins Gedächtnis. Kein überragender, aber ein gelungener Radiosong.
Mit wahren Chartbreakern kennt sich aber besonders Chris Brown aus, was der Erfolg der vorab veröffentlichten Single "Show Me" zeigt. Der wahnsinnig vorhersehbare Clubsong könnte ebenso einem Album des R'n'B-Barden Brown entstammen, so sehr drückt er ihm seinen Stempel auf. Nicht nur dank des "Show Me Love"-Samples versprüht die Nummer auf Anhieb Dorfdisco-Flair.
Dass sich die Suche nach dem "Main Chick" in die gleiche Richtung bewegt, überrascht wenig: Auch hier schleimt sich Chris Brown durch den Refrain: "Girl I know you wanna be my main chick, my main chick." Klar, welches Mädchen will nicht die Nummer eins im Brown'schen Harem sein?
Weniger aufdringlich, dafür aber um so unnötiger präsentieren sich Tyga und August Alsina. Ihre Beiträge in "Iz U Down" und "We Just Came To Party" entpuppen sich, wie die Songs an sich, als Rohrkrepierer.
Allerdings liefert Kid Ink auch den einen oder anderen Banger: Der fette Bombast-Beat von "The Movement" untermalt perfekt die selbstbewussten Lyrics, mit denen der Kalifornier all den semi-erfolgreichen Nachwuchsrappern klarmacht, wer hier neuerdings das Geld scheffelt: "Just go ahead with yo mixtape / I'm killin' it with my pre-sell."
Gleiches gilt für die wummernden Trap-Nummern "No Option" und "Murda", in dem sich Pusha T als erstes wirklich gelungenes Feature herausstellt. Auch "Bossin' Up" mit Trap Lord A$AP Ferg zeigt, wo die Platte hätte hingehen können. Die verantwortlichen Produzenten DJ Ill Will und J Grand liefern zusammen mit einigen weiteren Akteuren ein gelungenes Soundgerüst.
Die mal minimalistischen, mal pompösen Beats der reinen Rap-Nummern klingen immer satt und überzeugend. Vor allem das ohnehin schon gute "More Than A King" mausert sich seines Old-School-Beats wegen in der zweiten Hälfte endgültig zu einem der Highlights der Platte.
Dazu flowt Kid Ink emotionslos - bei gewohnten Themen wie Erfolg und Geld wenig überraschend - aber angenehm lässig durch seine Parts. Auch als Sänger versucht sich der der Mann und kommt dabei wesentlich weniger schnulzig rüber als die angeheuerten R'n'B-Experten, die einigen Nummern jedoch unabstreitbar eine gewisse Hit-Tauglichkeit einimpfen.
Dass Kid Ink mit Clubtracks à la "Show Me" an den Charts-Erfolg seiner Single "Time Of Your Life" anknüpfen will, erscheint nachvollziehbar und macht die Nummern irgendwie verkraftbar, zumal "My Own Lane" als Gegengewicht einige gelungene Trap-Nummern auffährt.
Warum das Album zudem völlig belanglose und durchweg mittelmäßige Filler wie "Tattoo Of My Name", "Star Player" oder "I Don't Care" - um nur einige zu nennen - präsentiert, bleibt jedoch ein Rätsel. Langweilige Beats, ein bisschen Gesang hier, ein bisschen Rap dort. Nicht grottenschlecht, aber weder eingängig noch originell.
Leider machen solche Füllsel einen großen Teil von "My Own Lane" aus, so dass man deutlich häufiger "Skip" als "Repeat" drücken möchte. Kid Ink zeigt an mehreren Stellen zwar sein Potenzial, letztendlich verkommt die Platte aber zu einer etwas zähen Angelegenheit voller Durchschnitt, die man gerne um fünf oder sechs Tracks hätte kürzen können.
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