laut.de-Kritik
"Fresh as a summer breeze"? Nö.
Review von Dani FrommEs war in den späten 60ern so und zog sich durch die Folgejahrzehnte. Auch Deutschlands amtierender "Superstar" Mehrzad Marashi - oder wer immer ihn bei der Songauswahl beraten haben mag - weiß: Die Leute wollen Kool & The Gang hören.
Ein Livealbum mit Nummern, die sich über die Dekaden zu echten Evergreens auswuchsen, erscheint da als logische Konsequenz. Allein - was soll ein solches bieten?
Möchte man Kool & The Gang hören, wie man sie kennt? Warum dann nicht auf das Originalmaterial zurückgreifen, das jeder, der sich je entfernt mit Funk und Disco befasste, längst im Plattenkasten stehen hat?
Möchte man Kool & The Gang hören, wie sie heute klingen? Warum sich dann 2010 fünf Jahre altes Material anhören? Die für "The Very Best Of - Live In Concert" mitgeschnittene Show stieg bereits im Juni 2005 in Denver, Colorado.
Möchte man die Atmosphäre einer Live-Show von Kool & Konsorten kennenlernen, die Reaktionen eines begeisterten, voll besetzten Hauses teilen? Dann müssten selbige der Aufnahme allerdings auch zu entnehmen sein.
"If you hear any noise it ain't the boys, it's ladies night." Im Wörtchen "if" steckt der Knackpunkt: Das zweifellos vorwiegend weibliche Publikum, das seine Hits und Helden feiert, ist kaum je überhaupt zu hören.
Das stört besonders bei altbekannten Frage-und-Antwort-Spielchen. "I can't hear you", beklagt sich Leadsänger Ronald Bell. An seinem Gehör dürfte es nicht liegen - ich hör' ebenfalls nix.
Sich bei der Auswahl der Titel über deren Ausgelutschtheit zu beschweren, führte wohl an der Intention einer "Very Best Of"-Compilation vorbei. Klar hat man das alles hundert- bis tausendfach gehört.
Dass man sich an einem "Jungle Boogie", an "Get Down" oder Superschnulzen wie "Joanna" oder "Too Hot" immer noch erfreuen kann, spricht für die Qualität der Songs: Das alles waren schon nicht umsonst Erfolge. Sie sind es noch.
"Fresh like a summer breeze" tönt es vielleicht nicht mehr, aber auch mancher Herbst bietet zuweilen noch angenehm laue Lüftchen. Kool & The Gang gehen naturgemäß nicht mehr ganz so kompromisslos zur Sache wie noch vor 20 Jahren. Ihre Spielfreude ist den Herren jedoch nicht abhanden gekommen.
So setzen besonders die Bläser, allen voran "Mr. Clifford Adams on trombone", knackige Akzente. Robert 'Kool' Bells Bass hat immer noch den Funk gepachtet. Charles Smith packte (2005 zumindest noch. Inzwischen ist er einer Krankheit erlegen.) den Herzschmerz mindestens zweier Generationen von "highschool sweethearts" in fünf Gitarrentöne: "Too Hot".
Insbesondere in instrumental gehaltenen Passagen entwickelt sich geradezu gruseliger Groove. Das alles genügt als befriedigende Rechtfertigung für "The Very Best Of - Live In Concert" irgendwie trotzdem nicht.
Möchte man hören, was Kool & The Gang nach all der Zeit mit ihren Hits anstellen? Tja. Mit Ausnahme des abschließenden "Celebration", das um einen Rap-Part bereichert klärt, dass Hip Hops Mama immer noch Funk heißt, erfuhren die Songs keinerlei Variationen.
Um sich die ungebrochene Partytauglichkeit von Kool & The Gang zurück ins Gedächtnis zu rufen, empfehlen sich da doch eher die geschundenen Maxis, die sich seit Jahren wieder und wieder auf den Plattentellern drehen. "Get Down On It".
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