laut.de-Kritik

Die Vormachtstellung im Thrash untermauert.

Review von

Wie so viele andere Bands hat die Corona-Pandemie auch Kreator ausgebremst. Das 15. Studioalbum von Europas unangefochtener Nummer 1 im Thrash-Metal hätte schon vor über einem Jahr veröffentlicht werden sollen. Doch weil sich ein Album in der konzertfreien Zeit nun mal schlecht promoten lässt, mussten die Fans weiter ausharren.

Das hat sich aber gelohnt: Fünf Jahre nachdem die Band mit dem Vorgängerwerk "Gods Of Violence" an die Spitze der deutschen Charts gestürmt ist, untermauern Mille und Co. auch mit "Hate Über Alles" ihre Vormachtstellung. Die Ruhrgebietskapelle bietet mit ihrem Gütesiegel-Thrash, den sie bereits auf "Phantom Antichrist" (2012) perfektioniert hat, wieder das, wofür sie ihre Fans lieben: Wütende Thrash-Orgien perfekt verquickt mit klassischen Heavy Metal-Melodien.

Sicher, die Band setzt stilistisch auf Altbekanntes, die großen Überraschungsmomente fehlen auf dem neuen Werk. Aber möchte man wirklich noch einmal eine musikalische Experimentier-Phase wie in den 1990ern erleben, als sich Kreator mit Alben wie "Endorama" oder "Outcast" weit von ihren Wurzeln entfernt haben? Ich meine nein. Deshalb sollten sich alle Thrasher an einem akribisch ausgearbeiteten Songwriting, Weltklasse-Gitarren und einem stildienlichen Sound erfreuen - auch solche, die immer noch der Rotzigkeit und Brutalität alter Platten wie "Endless Pain" und "Pleasure To Kill" nachtrauern.

Der größte Unterschied zu den beiden etwas bombastisch geratenen Vorgängeralben ist sicherlich die höhere Eingängigkeit und Dichte an High-Energy-Geballer. "Hate Über Alles" ist kompakter und konzentriert sich auf das Wesentliche. Nach dem Italo-Western Intro "Sergio Corbucci Is Dead" ertönt Milles schrilles Angriffsgeschrei, und es folgen die pfeilschnellen Brachialnummern "Hate Über alles" und "Killer Of Jesus", die sofort zünden.

Der Titeltrack verbindet alle Kreator-Trademarks, ist vom Namen her natürlich an die Dead Kennedys angelegt und wie so viele andere Titel sehr plakativ ausgefallen. Bandleader Mille steht nun mal auf parolenhafte Nummern, die knallen.

Der folgende schleppende Banger "Crush The Tyrants" gehört nicht zu den besten Stücken der Scheibe, ohne freilich zu enttäuschen. Dafür bewegt sich "Strongest Of The Strong" mit herausstechenden Gitarren-Harmonien und seinem Gangshout-Refrain auf ganz hohem Niveau. Der Song ist ein Livekracher par exellence.

Mit dem Hauptriff von "Become Immortal" beweist Mille seine Liebe zu Judas Priest. "Conquer And Destroy" lässt sein Faible für Iron Maiden erkennen. Der Songeinstieg hört sich verdächtig nach "Ghost Of The Navigator" vom Maiden-Werk "Brave New World" an.

Überhaupt erklingen des öfteren feinste Maiden-Harmonien und Twin-Gitarren auf altem Priest-Niveau. "Midnight Sun" drosselt das Tempo, und die Sängerin Sofia Portanent steuert einen Gastbeitrag bei, der in der Fangemeinde bestimmt zwiespältig aufgenommen wird. So ganz ohne Überraschungsmoment geht es also doch nicht. Gut so.

Der Wechsel zu Produzent Arthur Rizk war sicherlich kein Fehler, und das vom Berliner Künstler Eliran Kantor (zuvor unter anderem für Hatebreed und Helloween tätig) gemalte Cover überzeugt ebenfalls. Kurzum: Kreator haben erneut ein sehr starkes Album abgeliefert, an dem sich viele andere Bands messen lassen müssen.

Trackliste

  1. 1. Sergio Corbucci Is Dead
  2. 2. Hate Über alles
  3. 3. Killer Of Jesus
  4. 4. Crush The Tyrants
  5. 5. Strongest Of The Strong
  6. 6. Become Immortal
  7. 7. Conquer And Destroy
  8. 8. Midnight Sun
  9. 9. Demonic Future
  10. 10. Pride Comes Before The Fall
  11. 11. Dying Planet

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9 Kommentare mit 42 Antworten

  • Vor 2 Jahren

    Hab mich königlich über eure Kommentare amüsiert.
    Ich selbst hab mich seit 20 Jahren vom Hartwurstgeknüppel verabschiedet aber zolle den Jungs von Kreator
    meinen Respekt!
    Sind sicherlich, trotz jahrzehntelanger Bandhistorie, nie reich mit ihrer Musik geworden und wurden in bis in die späten Achtziger/frühen Neunziger tatsächlich ein wenig belächelt.
    Umso mehr gönne ich ihnen den Respekt der ihnen seit einigen Jahren entgegengebracht wird.
    5/5 ungehört

  • Vor 2 Jahren

    Mein erstes Album von ihnen war Endless Pain. Seitdem bin ich Fan.
    Nach Exterme Aggression hab ich mir noch die alten Alben zugelegt. Mag eher diese Phase als die neueren Album. Aber aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Alben nicht immer beim ersten hören total zünden. Also am besten anhören und nach einiger Zeit nochmal hören. Und nochmal. Dann macht's auf einmal Klick und man möchte es nicht wieder missen.
    Das finde ich so genial an AWOLNATION.