laut.de-Kritik

Neues wagen. Zumindest ein bisschen.

Review von

Das geht besser, fand die Frau von Lady Antebellum-Mitglied Charles Kelley. "Ich hab das alles schon zigfach gehört. Ihr könnt doch nicht immer dasselbe machen." Wumms. Das saß. Nach kurzem Beleidigtsein beschlossen Lady Antebellum, die Herausforderung anzunehmen. Neue Inspirationsquellen mussten her. Also tigerten die drei nach einem ihrer Konzerte ausnahmsweise mal nicht direkt zurück in den Nightliner, sondern machten einen Abstecher in einen Dance-Schuppen. Und siehe da, die Erleuchtung ließ nicht lange auf sich warten.

Als Charles Kelley die ausschweifend tanzenden Menschen beobachtete, wurde ihm klar, wohin sich seine Band entwickeln sollte: Schnellere, bewegungstaugliche Nummern mussten her. "Wir sind irgendwann bei diesem krassen, echt druckvollen Sound gelandet, den wir so noch nie gemacht hatten", erzählt Kelley, "Und dann schrieben wir immer mehr Songs, die in diese Richtung gehen."

Während das Adjektiv "krass" vielleicht ein bisschen zu euphemistisch geraten ist, muss man Kelley bei der Beschreibung "druckvoll" durchaus Recht geben. Lady Antebellum präsentieren sich auf "747" ungewohnt energetisch. Bereits der Opener "Long Stretch Of Love" poltert mit ordentlich Schmackes los. Da die männlichen Stimmen dominieren, fühlt man sich an The Fray erinnert.

Statt Country-Pop herrscht hymnenhafter Pop-Rock, der in einem Atemzug runter geschmettert wird. Track Zwei, die Single "Bartender", ist ebenfalls im höheren BPM Bereich angesiedelt. Banjo und poppige Beats fusionieren hier zu einer schwungvollen Bar-Hintergrundbeschallung, die für Lady Antebellums Verhältnisse recht frisch und zeitgemäß anmutet.

Die wuchtigen Klänge, von denen Kelley spricht, kommen aber erst beim Song "Freestyle" so richtig zum Tragen. Dass die Band aus Nashville zu so einem schmutzigen Rock'n'Roll Sound fähig ist, hätte man ihnen gar nicht zugetraut.

Leider bleibt es bei diesem einen Ausflug in Richtung Oldschool-Gain-Gitarren-Gefilde. Energie- und Tempolevel halten sich zwar fast durchweg auf einem hohen Niveau, die klangliche Ausgestaltung nimmt aber wieder deutlich stärkere Country-Züge an – wenn auch eher der Marke heiter als balladesk.

Ein paar Vertreter dieses Track-Typs zeigen sogar tatsächlich neue Klangfacetten auf. So zum Beispiel das weitläufige "Down South", das für Lady Antebellum ungewohnt gediegen und verträumt daher kommt. Sehr viel weniger originell ist das schunkelige "She Is" und das ziemlich belanglose "Sounded Good At That Time", dessen Text so teeniemäßg ist, dass man sich an Taylor Swift erinnert fühlt.

Am lautesten "Duplikat" schreien jedoch die beiden langsamen, ruhigen Stücke "One Great Mystery" und "Damn You Seventeen". Romantische Midtempo-Balladen sind zwar seit jeher Lady Antebellums Markenzeichen; wenn man die eigene Soundgerüst-Schablone aber immer und immer wieder unverändert abpaust, entsteht nun mal einfach nichts Neues. Beide Songs klingen verbraucht und vorhersehbar mit Lyrics, die einem die Haare zu Berge stehen lassen: "I don't know how many stars fill the sky. I know we are here but I don't know why. Maybe there is some other life out there but as long as you are here with me I don't really care."

Die große, gravierende Weiterentwicklung, die Charles Kelley angekündigt hat – in Ansätzen ist sie auf dem neuen Album durchaus zu hören. Wahrscheinlich dauert es jedoch noch eine weitere Platte, bis die 747 sicher auf dem neuen Klang-Planeten gelandet ist.

Trackliste

  1. 1. Long Stretch Of Love
  2. 2. Bartender
  3. 3. Lie With Me
  4. 4. Freestyle
  5. 5. Down South
  6. 6. One Great Mystery
  7. 7. Sounded Good At The Time
  8. 8. She Is
  9. 9. Damn You Seventeen
  10. 10. 747
  11. 11. Just A Girl

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1 Kommentar

  • Vor 10 Jahren

    So blöd es klingen mag, aber so einen "Kitsch" wie in "One Great Mystery" erwarte ich sogar von Lady Antebellum... bzw. ich mag den Song
    Aber auch generell finde ich das neue Album sehr solide. Hatte anhand der Vorab-Single "Bartender" schon Zweifel.