laut.de-Kritik

Darkwave-Kitsch mit schwatzhaften Lyrics.

Review von

"Ich will so wie der helle Schein dein Anfang und dein Ende sein / Es soll wie Pech und Schwefel sein / Denn du schenkst mir vom Leben ein / Schenk ein, schenk ein. Denn wir sind eins." Dieser melodische und sehr romantische Refrain ("Wir Sind Eins") weist Letzte Instanz den Weg gen Stadionrock. Ganz abgezockte Nummer, die in Aufbau und Struktur auch auf der Liste von Haudegen, Unheilig oder Naidoo stehen könnte. Austauschbar ja, gleichwohl mit Abstand der souveränste Moment des zwölften Studioalbums "Liebe Im Krieg".

Thematisch kommen Letzte Instanz mit ihrer neuen Scheibe in der Gegenwart an. Gleich mehrere Lieder deuten die Beladenheit der nationalen Abstiegsgesellschaft an. Gewohnt szenekompatibel, kommen die Songs dabei über einen Aufhänger kaum hinaus und gleiten ins typische Fahrwasser zwischen Darkwave-Kitsch und schlageresker Kalenderblattlebenshilfe.

Musikalisch inszeniert die Band sich mit jener großen Geste, bei der stilistische Einzelheiten unwichtig sind. Die meisten Lieder ("Tränen Aus Stein", "Steh Auf") könnten sie jedem der üblichen Verdächtigen von der "Ich will eure Hände sehen"-Front überlassen. Relevante Unterschiede wird da niemand ausmachen. Daran ändert auch die gelegentlich eingestreute Bratzgitarre nichts. Das ist kein postulierter Darkrock. Es ist schlichtweg stinknormaler Deutschrock.

Drei Tupfer Eigenständigkeit gibt es dennoch. In positiver Hinsicht stechen ihre gewohnt unangreifbaren Streicher heraus. Diese setzen Letzte Instanz clever und sehr punktuell ein, sie unterstreichen das jeweilige Stück trefflich und verstärken seine Melodie. Alles könnte so schön sein.

Doch leider sind die anderen beiden unveränderlichen Markenzeichen der Instanz alles andere als Ruhmesblätter. Wer die Band kennt, weiß um ihre ewigen Achillesfersen: indiskutabler Gesang und schwatzhafte Lyrics! Beide amateurhaften Schwächen ziehen sich einmal mehr als roter Faden durch das Werk.

Die Strophen überfrachten sie dermaßen mit Worten, ein jeder Track wirkt so vollgestellt wie ein Möbelhaus. Viele der sprachlichen Bilder sind ebenso abgedroschen wie ausgelutscht: Man liegt nachts allein wach, es gibt keinen Blick zurück und man weiß, noch am Leben zu sein, wenn man das Sonnenlicht erblickt, und so weiter.

Höhepunkt der Abteilung "Gothische Gebrauchslyrik galore" und mein besonderer Comedy-Favorit: "Wir stehen hier im Regen und der Nebel zieht vom Wald hinüber in dein Herz, dass es uns zerreißt." ("Weite Welt"). Wer bei diesem letzten Song angelangt ist, hat den als verwendetes Bild totgerittenen Regen mittlerweile dutzendfach auf dieser Platte gehört. Mag es Konzept sein oder Überforderung: Originell ist es nicht.

Zur Krönung bieten Letzte Instanz all dies mit dem gewohnt volumenschwachen und besonders in den Strophen Schlagseite aufweisenden Gesang Hollys dar. Das macht jedem positiven Ansatz den endgültigen Garaus. So steckt die Instanz leider wieder im Halbfeld zwischen Mittelmaß und Selbstdemontage.

Trackliste

  1. 1. Liebe Im Krieg
  2. 2. Tränen Aus Stein
  3. 3. Steh Auf
  4. 4. Tageslicht
  5. 5. Wir Sind Eins
  6. 6. Reise
  7. 7. Weiß Wie Der Schnee
  8. 8. Das Gerücht
  9. 9. Blutmond
  10. 10. Unsere Tage
  11. 11. Ich Werde Vor Dir Untergehen
  12. 12. Weite Welt

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8 Kommentare mit 10 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    "Ganz abgezockte Nummer, die in Aufbau und Struktur auch auf der Liste von Haudegen, Unheilig oder Naidoo stehen könnte."

    Shots fired :D :D

  • Vor 7 Jahren

    Nachdem da Sebastian Lohse als Sänger ausgestiegen ist, nicht mehr beachtet. Scheinbar zu Recht!

    • Vor 7 Jahren

      Ich hab keine Ahnung von dem Genre (und mag es auch nicht ) und ich kenne auch nur Brachialromantik, das Spiel und kalter Glanz, weil ein Teil meines Freundeskreises den Kram mag. Ich würds aber so unterschreiben. Alles was danach kam klingt (dreist gesagt) ziemlich nach Schlager.

    • Vor 7 Jahren

      Mich kann man damit prinzipiell auch jagen, hatte aber damals "Das Spiel..." und "Kalter Glanz". Die kann ich mir heute auch dann und wann ganz gut anhören. Ansonsten krankt das Genre per se an merkwürdigen Quäke-Sängern. Sebastian Lohse dagegen hat eine markante und mMn auch ein super Stimme. Auf "Kalter Glanz" finde ich sogar ein paar Texte richtig gut.

    • Vor 7 Jahren

      Wie gesagt, ich kenne die beiden Alben halt auch, ist aber ne Weile her seit ich die das letzte Mal gehört hab. Ich hab gerade nochmal in kalter Glanz reingehört und Lohse hat eine wesentlich angenehmere Stimme, die viel besser zu den Songs passt als die des Nachfolgers.Stimmt, Lohses Stimme ist markant und hat auch irgendwo nen positiven Wiedererkennungswert. Der Nachfolger klingt definitv nach "Quäke-Sänger" und der geht mir auch nach 30 Sekunden auf die Nerven. Von kalter Glanz mag ich heute wohl noch "Kopfkino" "in meiner Erinnerung" und den Titeltrack.

      Aber wie gesagt, Ahnung hab ich davon weiß Gott nicht.

    • Vor 7 Jahren

      Bin da auch kein Fachmann, das Genre ist mir grundsätzlich suspekt.
      Ich habe vor 15 Jahren hier und da mal reingehört, aber hängengeblieben ist nichts... Bis auf o.g. Alben. "Kalter Glanz" hab' ich mir eben mal am Stück gegeben. Unterhält durchaus. Habe dann mal auf youtube nach den neu eingespielten Stücken aus der Anfangszeit Ausschau gehalten, also altes Material mit aktuellem Sänger - funktioniert absolut nicht.
      Hätte der damals schon da gesungen, hätte ich Letzte Instanz gleich wieder aus meinem Hirn gestrichen.

    • Vor 7 Jahren

      Bin da auch kein Fachmann, das Genre ist mir grundsätzlich suspekt.
      Ich habe vor 15 Jahren hier und da mal reingehört, aber hängengeblieben ist nichts... Bis auf o.g. Alben. "Kalter Glanz" hab' ich mir eben mal am Stück gegeben. Unterhält durchaus. Habe dann mal auf youtube nach den neu eingespielten Stücken aus der Anfangszeit Ausschau gehalten, also altes Material mit aktuellem Sänger - funktioniert absolut nicht.
      Hätte der damals schon da gesungen, hätte ich Letzte Instanz gleich wieder aus meinem Hirn gestrichen.

    • Vor 7 Jahren

      Mir sind se halt heute egaler als damals. Also kann man die wohl zurecht streichen.