laut.de-Kritik
Das Überleben einer Gruppe in eindringlichen Bildern.
Review von Alexander CordasDies ist kein Film über eine Band, sondern ein Film über Beziehungen. Das sollte sich jeder ins Gebetbüchlein schreiben, der Erwartungen an "Some Kind Of Monster" knüpft, die etwas mit grandiosen Enthüllungen aus dem Innenleben von Metallica zu tun haben. Die Dokumentation um den Entstehungsprozess von "St. Anger" handelt zuallererst von der psychischen Verfassung der - nach dem Ausstieg von Jason Newsted - zum Trio geschrumpften Metal-Monster.
Das anscheinend nur als Making Of der neuesten Scheibe angelegte Epos geriet im Laufe der Zeit genauso aus den Fugen, wie das Verhältnis der einzelnen Bandmitglieder untereinander. Erst erzählt James Hetfield von seinem Urlaub in Sibirien, bei dem er (tolle Leistung!) zwei Bären den Garaus gemacht hat, dann zofft er sich mit Lars Ulrich so lange um Banalitäten, bis die Kacke ordentlich am dampfen ist. Das Bandgefüge ist nur noch mittels des hinzu gezogenen Psychologe zu retten.
Joe Berlinger und Bruce Sinofsky lichten den K(r)ampf um das Überleben der Gruppe in eindringlichen Bildern ab. Hammett, Hetfield und Ulrich agieren dabei scheinbar unbeeinflusst von der Anwesenheit des Filmteams. Die Gesprächsthemen kreisen immer wieder um die Tatsache, dass speziell die beiden Kreativköpfe nie eine tiefer gehende Freundschaft aufgebaut haben. Der Außenstehende darf sich wundern, wie es Metallica überhaupt geschafft haben, 20 Jahre zu existieren.
Das zentrale Motto des Films könnte, dank des Zooms auf die Befindlichkeiten im Bermudadreieck Kirk-Lars-James, denn auch folgendermaßen lauten: "Schön, dass wir darüber geredet haben". Mit dem herausragenden Kritikerlob auf diversen Festspielen bürden die Juroren dem Film jedoch etwas zu viel auf. Sicherlich ist die Innenansicht intensiv und zum Teil auch aufwühlend.
Wer jedoch nicht in einem Wolkenkuckucksheim zuhause ist, hat ebenfalls mit derlei Problemen zu kämpfen. Verlustangst, Unsicherheit, Zukunftsangst, usw. Den entscheidenden Unterschied macht die superbekannte Band aus und eben die Tatsache, dass die Öffentlichkeit nun sieht, welch ein bemitleidenswerter, unterwürfiger, nach Vermittlung und Zuneigung dürstender Sympath Kirk Hammett doch ist. Ulrich und Hetfield wechseln sich derweil in der Rolle des Elefanten im Porzellanladens ab.
Im opulenten Extra-Teil des Zweierpacks verstecken sich jede Menge Extra-Szenen, die jedoch nur bedingt interessant sind. Wie welche Dynamik in welcher Richtung wen beeinflusst hat, interessiert nach den vorangegangenen zwei Therapiestunden auf DVD wohl nur noch den Tiefenpsychologen selbst. Auf jeden Fall aufregender und wunderschön anzusehen ist hingegen, wie das Trio mit Bob Rock am Bass vor einem Playoff-Spiel der Raiders die Crowd auf dem Parkplatz vor dem Stadion rockt. Erst zu diesem späten Zeitpunkt beschleicht einen das Gefühl, dass der Patient Metallica nun wirklich über den Berg ist. Diese positiven Emotionen übertrumpft höchstens noch die Integration Rob Trujillos als neuen Bassisten, der offensichtlich viel zur guten Stimmung beiträgt.
Für den Fan ärgerlich sind die dilettantischen Untertitel. Den Ausdruck "wenn wir hektisch spielen" assoziiert nicht jeder sofort damit, dass eigentlich der Track "Frantic" gemeint ist; unterhalten sich Hammett und Ulrich über ein "unbenanntes Gefühl" verbirgt sich (bingo!) "Unnamed Feeling" dahinter. Bei einer Major-Produktion ist es daher einfach nur nervig, solche Peinlichkeiten lesen zu müssen.
"Some Kind Of Monster" ist - trotz bedrückender Thematik - ein unterhaltsamer Film, der den Metal-Machismo vom stets besoffenen Übermenschen geschickt demontiert. Selbst Superfrontmann Heftfield ist auch nur ein Mensch, der seiner kleinen Tochter beim Ballett zuschaut. Darf der das? Der darf das ganz sicher, denn, siehe oben, dies ist kein Film über eine Band, sondern ein Film über Beziehungen.
Noch keine Kommentare