laut.de-Kritik
Wo Schenker drauf steht, ist Schenker drin.
Review von Yan VogelMit U.F.O., den Scorpions und der Michael Schenker Group liefert der als German Wunderkind titulierte Gitarrist bis Mitte der Achtziger mehrere Meisterwerke ab, die eine ganze Riege an Gitarrenhelden in der Folge beeinflussen. Metal-Megaseller wie Metallicas Gniedel-König Kirk Hammet vergeigen sich bis heute vor dem Talent und der schieren Spielfreude des mittlerweile 65-jährigen Flying V-Vertreters. Dass Schenker es bis hierhin geschafft hat, mutet angesichts der zahlreichen Abstürze in seiner Vita wie ein kleines Wunder an.
Doch Drogen und Depressionen sind passè. Der Gitarrist lebt mittlerweile in seiner eigenen Welt und hat eigenen Aussagen zufolge seit Jahrzehnten keine neue Musik rezipiert. Der ewig blonde Jüngling hat jedem Genuss von bewusstseinserweiterten Drogen abgeschworen. Substanz-los klingt sein Gitarrenspiel deswegen nicht. Vielmehr schlägt er eine Brücke zu seinen Anfangstagen und dies in mehrfacher Hinsicht.
Zunächst firmiert der Ausnahmeklampfer wieder unter dem Banner MSG und kloppt das Banner Michael Schenker Fest in die Tonne. Zum fünfzigjährigen Bühnen-Jubiläum holt er zudem seine erste Komposition aus der Klamottenkiste. "In Search Of The Peace Of Mind" entspricht nicht nur seinem Lebensmotto, sondern rundet die Scheibe mit einem epischen Ende ab.
Was dazwischen passiert spielt sich jedoch nah an den beiden Vorgängern "Revelation" und "Resurrection" ab. Wo Schenker drauf steht, ist Schenker drin. Da wäre zunächst der biblisch anmutende Albumtitel, aber auch der Rückgriff auf eine illustre Sängerschar. Neben Produzent Michael Voss geben sich Joe Lynn Turner, Ronnie Romero und Ralf Schepers die Mikros in die Hand.
Der Primal Fear-Fronter veredelt mit seinem muskulös-mirakulösen Heldentenor den Opener "Drilled To Kill" und das hübsch betitelte "Devil's Daughter", die mit Speed, schmissigen Soli und rockigen Riffs punkten.
Schenkers Spiel fußt auf der Maxime von Willie Dixon: "Blues is the roots, everything else is the fruits". Von dieser Basis ausgehend entfacht er mit seinem voluminösen Ton, der laut-leise Dynamik und zahlreichen Skalen-Schlenkern seine fazinierend-flirrenden Soli, die IMMER einen melodischen Bezug aufweisen und an den Gestus des Songs andocken.
Neben Schepers Sanges-Sirene lässt besonders Ronnie Romero die Gehörknöchelchen im Takt vibrieren. Der Rainbow-Sänger von Ritchies Gnaden überzeugt mit einem Timbre, das an Ronnie James Dio erinnert, wie man im flotten "Knights Of The Dead" und im mitreißenden "Come On Over" nachzuhören kann. Beim Midtempo-Stampfer "Sail The Darkness" mimt Romero den "Man On The Silver Mountain". Holy (Diver) Shit, der Mann ist echt nah dran am kleinen Metal-Gott.
Die Ballade "After The Rain" baut Schenker nah am Kitsch. Was aufgrund der Performance von Voss noch klar geht, funktioniert bei "The Queen Of Thorns And Roses" und "Sangria Morte" nur bedingt. Hier klingt zuviel Schunkel-Rock mit Allerwelts-Melodien. Letztgenannter Track könnte aufgrund des Titels und der Machart glatt als Ballermann-Beschallung missverstanden werden.
Im Vergleich zum Vorgänger fährt Schenker die Devise "Weniger ist mehr". Die zehn Tracks bilden das Wesentliche seines Wirkens ab und verdienen auf angenehme Art und Weise das Attribut Old School. Die im Albumtitel verankerte Unsterblichkeit des Protagonisten fußt nun mal auf dessen Erfolgen in den Siebzigern und Achtzigern.
2 Kommentare
"vergeigen"
Hm, unheimlich das mit den gehäuften freudschen Versprechern. Diesmal müssen die Geigen dran glauben.
Etliche Gitarristen haben ihre Gitarre schon mit einem Geigenbogen bespielt, finde das hört sich kacke an.
Schenker war einmal.