laut.de-Kritik
Feminine Popmusik mit alternativen Genre-Codes.
Review von Christoph DornerWas machen eigentlich Evanescence heute? Mit dem Gothic-Rock von "Fallen" ritt die US-Band seinerzeit ja auf der Spitze der Nu Metal-Welle und war als Headliner bei Rock am Ring musikalischer Konsens der frühen Nuller-Jahre. Nur Indie-Fans mochten Evanescence nicht: zu viel Hardrock-Symphonie und dunkle Spiritualität steckte für sie in deren Songs.
Mit Midas Fall macht sich nun eine Band ernsthaft daran, kraftvollen weiblichen Pathos auch in einem Genre zu etablieren, in dem sich eigentlich sonst nur kluge und grimmige Männer an ihren Instrumenten abarbeiten. Dabei sind die fünf jungen Schotten weitaus mehr als eine Post-Rock-Band mit weiblicher Sängerin. Wie Evanescence spielen auch Midas Fall im Grunde mit alternativen Genre-Codes, machen aber eigentlich im Kern feminine Popmusik.
So ist der Band-Sound, den man sonst zweifelsohne Post-Rock nennen würde, mit flirrenden Edge-Gitarren und akustischem Unterbau, gemäßigt angeschlagenen Drums, eine paar Pianotupfern und etwas Programmierung zumeist so zurückgenommen und eben auch wenig stilbildend, dass es bei Midas Fall eigentlich nur um Sängerin Elizabeth Heaton geht. Um ihre Stimme und ihre Melodien.
Mit ihrem mal sehnsüchtig-hellen, dann wieder erdig-dunklen Mezzosopran liegt sie in der Tat sehr nahe bei Amy Lee von Evanescence oder auch bei Shakira, was die Songs – neutral betrachtet - oft mit großem Gefühlskino ausstaffiert. Mit "Century" und "My Radio Star" und "17" hat das Album auch abwechslungsreiche Radiorock-Epen zu bieten.
Auf Dauer geht "Eleven. Return and Revert" einem wegen der fehlenden Kompaktheit einzelner Songs und etwas zu viel balladeskem Gesuhle auch schnell auf die Nerven. Und doch sollten Fans von Bat For Lashes, aber auch von A Perfect Circle bei Midas Fall getrost einmal genauer hinhören. Und um die Eingangsfrage zu beantworten: Evanescence wollen 2010 ihr drittes Album veröffentlichen.
Noch keine Kommentare