laut.de-Kritik
Wirbelsturm-Drums und schraubende Gitarren.
Review von Andreas BättigVor noch nicht allzu langer Zeit stürmten ein paar Sheffielder Milchbubi-Rock'n'Roller mittels Myspace die Herzen verträumter Libertines-Nostalgiker. Von null auf hundert. Einmal den Planeten verlassen und wieder zurück. Sogar der Nachrichtensprecher der ARD redete plötzlich im trockenen Informationston über "die Sensation von Sheffield" und der Plattenhändler meines Vertrauens wusste zu berichten: "Was da auf der Insel abgeht, ist der Wahnsinn".
Nun gut, das hier sind nicht die Arctic Monkeys. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass Milburn erstens: aus der Sheffielder Szene kommen, zweitens: eng mit den Jungs rund um Alex Turner befreundet sind und drittens: nicht nur ähnlich wie die Monkeys klingen sondern genau gleich, lässt diese Lobeshymnen nicht unangebracht erscheinen. Die Frage ist nur, ob Milburn einfach mit dem Hype schwimmen oder eine Fortsetzung des Sheffielder Rotzfrech-Indies darstellen.
Die Antwort gibt das Quartett gleich mit dem Opener "Well Well Well". Tarantino typische Pulp Fiction-Riffs treffen auf "Hau drauf und blas mit einer Oasis-Coolness die vorderste Indie-Konzert-(Girl-)Reihe um"-Rock'n'Roll. Ja, jetzt noch mal tief Luft holen bevor ihr zu "Showroom" tanzend explodiert. Die Stimme von Sänger Carnall klingt allerdings deutlich reifer als die seiner Sweet-18-Kollegen. Die Wirbelsturm-Drums zwirbeln umher, der Bass schaukelt in den Gehörgängen, die Gitarre schraubt, schrummelt, rock'n'rollt.
Hat man seinen Indie-Arsch schon auf der Tanzfläche, kann er da für "Send In The Boys" auch gerne bleiben. Die Klampfen hüpfen und der Refrain ist einer der schönsten Mitsing-Hymnen seit "Up all night". Auf der gleichen Schiene fährt "Lipstick Licking". Ausschweifende Gitarrensoli wechseln sich mit stampfenden Drumparts ab. Nachdenklich und fröhlich zugleich singt Carnall in "Storm In A Teacup" über das andere Geschlecht. Auf "Send In The Boys" erzählt er Geschichten aus dem Alltag. Kein großes Rumpoetisieren. Die Texte sind einfach genauso direkt wie der Gitarrenpop.
Jaja, don't believe the hype. Milburn erfinden das Rock'n'Roll-Rad nicht neu und natürlich haben sie das Sheffielder Szene-Sprungbrett benutzt. Aber schlussendlich sind es einfach junge Typen, die ein Album hinfetzen, das kurzweilig und amüsant ist. Gerade richtig, um dazu am Samstagabend vor dem Weggehen noch mal durch die Bude zu hüpfen.