Porträt

laut.de-Biographie

Minor Science

Das Verhältnis zwischen Musiker*in und Musikjournalist*in ist seit jeher ein spezielles. Schreiberlinge seien per se nur gescheiterte Künstler*innen, die Gegenseite hingegen oft zu empfindlich, was Kritiken betrifft. Angus Finlayson alias Minor Science gehörte bereits zu beiden Fraktionen und könnte sicherlich zwischen den Fronten vermitteln. Allein: Man kann sich nicht vorstellen, dass der ruhige Engländer eine derartige Rolle gerne einnehmen würde.

Minor Science - Second Language Aktuelles Album
Minor Science Second Language
Bass Music auf Sprachreise.

Etwa ab Ende der Nullerjahre verdingt sich Finlayson zunächst als Journalist, schreibt etwa als Staff Writer für das Dance Music-Portal Resident Advisor und weitere Magazine. Minutiös führt er Interviews, portraitiert DJs, trägt zu den notorischen Jahresbestenlisten bei. 2014 zeichnet sich dann der Wechsel ins andere Lager ab. Anfangs rubriziert man Finlayson noch unter dem Phänomen des Outsider House. Dem Subgenre, dem quasi alles zugerechnet wird, was für den Club vermeintlich zu schleppend, zu verhalten produziert, zu eigenwillig vor sich hinrattert.

Später findet der bekennende Science-Fiction-Nerd dann zu einem Klang, der besagter Leidenschaft wohl schon eher entspricht: "Was meine eigene Musik angeht, bin ich von klanglicher und kompositorischer Klarheit besessen.", erzählt er dem Blog Truants. Kühle, silbrige Bass Music entwirft er fortan vermehrt. Dazu Dubstep, gelegentliche Techno-Einschübe, alles aber klar britisch geprägt und von einer seltsam sterilen Beschaffenheit. Minor Science spielt mit sämtlichen musikalischen Parametern, erschafft Klangräume aus dem Nichts. Sein bis dato größter Hit, der die bereits erwähnten Listen Ende 2017 verdientermaßen infiltriert, heißt nicht umsonst "Volumes".

Über dessen gesamte Spielzeit lotet er allerhand Lautstärkeniveaus aus und bestätigt einmal mehr seine Leidenschaft für Vocal-Samples. Zu aufdringlich dürfen diese aber nicht sein, Sprache soll die Musik ergänzen, nicht dominieren. "Whities 012", die EP, die "Volumes" beherbergt, erscheint auf Nic Taskers gleichnamigem Label. Dessen Geschichte ist mit der von Minor Science eng verbandelt, als Künstler wächst Finlayson mit der äußert geschmackssicheren Talentschmiede, die auf keinen Sound festzunageln ist und immer wieder mit qualitativ hochwertigen Veröffentlichungen glänzt.

Einen Umzug nach Berlin, einen Special-Request-Remix, der eine Adidas-Werbung untermalt, und DJ-Sets in Clubs wie der Panorama Bar, De School oder dem Offenbacher Robert Johnson später veröffentlicht Finlayson im April 2020 sein Debütalbum "Second Language" – abermals auf Whities. Der Titel verweist auf seine Sprachbegeisterung – die Vorliebe für Samples wurde bereits erwähnt –, Deutsch als Fremdsprache und in abstrakterem Sinne auch auf seine beiden Tätigkeitsfelder als Journalist und Musiker. Das Cover ziert zudem ein Zitat Samuel Becketts. Klingt erstmal nach sperrigem akademischem Überbau, schält sich aber glücklicherweise ebenso behände und einnehmend aus den Boxen wie Finlaysons vorherige Releases.

Seinen Job als Autor hängt er sukzessive an den Nagel, ist froh darum, nicht mehr sämtliche aktuellen Entwicklungen begleiten zu müssen. Seine Kreativität investiert er nurmehr in hochglänzende Bass Music mit hohem Wiedererkennungswert und stilistischer Varianz gleichermaßen. Eine rare Mischung, die Finlayson noch die ein oder andere Clubtür öffnen wird.

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