laut.de-Kritik
Angriff auf den Timbaland-Thron.
Review von Stefan JohannesbergDie britische Musikszene greift wieder nach den Sternen - selbst wenn es sich um die Himmelskörper des "Star-Spangled Banner" handelt. Der R'n'B, das Black Music-Heiligtum der Amis, steht unter kreativen Beschuss von der Insel. Craig David fungierte als 2Step-Spähtrupp, die Sugababes, Ms Dynamite und vor allem Mis-Teeq rücken der timbaland-regierten Neptunes-Nation als gewaltige Synthie-Streitmacht auf die Pelle. Das nach TLC-Vorbild zusammen gestellte Trio fackelt dann auch nicht lange und ballert mit dem brutalen Elektro-Opener "My Song" eine erste Breitseite Richtung New Yorker Clubscene. "Please Shake Your Ass Programm."
Angetrieben von Aleshas Left Eye-inspirierten Raps steigern sich die Hooklines von Sabrina und Su-Elise in einem wahren Groove-Rausch. "You Know You Wanna Sing With Us. That's Why You Should Be Scared Of Us." Die gerechtfertigte Warnung liegt noch frisch in der Luft, da schießen Mis-Teeq mit der straighten Dr. Dre-Reminiszenz "Scandalous" einen weiteren Weichspülvogel vom R'n'B-Himmel. Gnadenlos nickt der Kopf und schwingt die Hüfte, "Ear Candy" anstatt "Eye Candy". Dem Befehl "Dance Your Cares Away" gehorcht man auf Grund zirpender Synthie-Schlangen, die sich um überraschende Drum'n'Bass-Attacken winden, auf's Wort.
Einziger Schönheitsfehler: wie im Irak kommen die Engländer auch bei der Neuordnung der Black Music nicht ohne die tatkräftige Unterstützung ihrer US-Kollegen aus. Als erstes greift Nas-Produzent Salaam Remi maßgeblich, aber nicht negativ ins bouncende Geschehen ein. "Can't Get It Back" pumpt mit Drumprogramming von Hip Hop-Legende Marley Marl, und "All In One Day" hebt sich mit sechs verschiedenen Styles in elitäre Höhen. Soul, R'n'B, 2Step, Elektro, Reggae und gar Dirty South-Beats "All In One Song". Sollte die Übernahme des R'n'B doch noch klappen?
Nein, denn auch wenn sich Salaam Remis letzter Track "Strawberrez" nicht schlecht schlägt, gerät der Angriff bei "Nitro" dank Jermaine Dupri-Langeweile vollends ins Stocken. Spion Joe lullt danach die Mis-Teeq-Armada mit souligem Club-Einheitsbrei subtil ein. So kommt die Schlussoffensive der ultraharten Ragga-Rhytmen auf "Just For You" leider zu spät. Der Kampf um den Timbaland-Thron ist verloren - ein neuer Fan jedoch gewonnen.
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