laut.de-Kritik

Long live Rock'n'Roll - Lemmy lives forever!

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Da ist sie also - die offiziell letzte DVD mit dem Schaffen von Mr. Ian Fraser Kilmister. Das würde ich zumindest gerne hoffen, aber vermutlich kommen noch etwa 3.000 Best-Of-Scheiben und Compilations auf den Markt, die kein Schwein braucht und über die Lemmy freundlich geschifft und sie dann angezündet hätte.

Wie dem auch sei, der Herr im Intro bringt es mit seinem gebrochenen Englisch und dem rumänischen Akzent deutlich auf den Punkt: "Lemmy rules!" Da spielt es auch keine Rolle, dass der Mann nicht mehr unter uns weilt. Den Respekt und Kultstatus, den er sich zu Lebzeiten erarbeitet hat, wird man hoffentlich noch Generationen nach mir preisen. Andernfalls möge euch alle der Blitz beim Kacken treffen.

Ein ähnliches Schicksal wünsche ich auch den Machern dieser DVD an den Hals. Denn dieses Bewegtbild-Dokument zeigt einen bereits schwer angeschlagenen Motörhead-Frontmann. Tut mir leid, aber die DVD hätte wirklich nicht veröffentlicht werden müssen. Lemmy sieht man die Anstrengung in jeder Sekunde an, er wirkt stellenweise fast schon abwesend und unkonzentriert. Das legt sich zwar im Laufe des Konzerts, doch die ersten Songs scheinen eine echte Qual zu sein.

Das Bass-Solo in "Stay Clean" klingt mehr als unbeholfen und auch stimmlich merkt man ihm leider den körperlichen Niedergang deutlich an. Dass auch zwischen den Songs geschnitten wurde und damit die klassische Begrüßung ausbleibt, dürfte ebenfalls für sich sprechen. Warum dann aber der komplette Umbau vor der Zugabe mit drauf ist, muss mir erst mal einer erklären. Musste da noch ein bisschen Material her, um die Zeit zu füllen?

Seis drum. Die rappelvolle Zenith Kulturhalle in München stört sich an all dem am 21. November 2015 - vor gigantischer Kulisse samt Bomber - allem Anschein nach wenig. Schließlich waren die Besucher schlau genug, sich die Runde von Motörhead mit Girlschool und Saxon nicht entgehen zu lassen. Zumal das Trio wenige Monate zuvor mit "Bad Magic" ein bärenstarkes Album veröffentlicht hat, von dem es leider gerade einmal "When The Sky Comes Looking For You" in die Setlist geschafft hat.

Beschweren kann man sich darüber kaum, auch wenn natürlich knapp 287 Nummern fehlen, die unbedingt hätten gespielt werden müssen. Aber schon die 15 vertretenen Songs kosten Lemmy einiges an Kraft. Diesem Umstand ist wohl auch das Gitarrensolo geschuldet. Als begnadeten Gitarristen kann man Phil Campbell nun wahrlich nicht bezeichnen, aber immerhin ist die Nummer relativ kurz gehalten und einigermaßen sauber gespielt, was bei ihm auch nicht unbedingt die Regel ist. Dennoch rechne ich bei den Synthies jeden Moment damit, dass Klaus Meine zu singen oder - noch schlimmer - zu pfeifen beginnt ...

Die wenigen Ansagen von Lemmy zeigen zumindest, dass der Fronter seinen Humor auch damals nicht verloren hat. Ich hingegen werde an dieser Stelle keine Worte mehr über überflüssige Drumsoli verlieren. Dazu wurden schon viel zu viel gesagt. Nach etwas mehr als einer Stunde ist der Spaß vorbei und Lemmy sitzt vermutlich im Bademantel ein letztes Mal vor einem einarmigen Banditen in einem Münchner Backstage-Raum.

Als Bonusmaterial gibt es noch ein Interview, in dem neben Lemmy auch seine Band-Kollegen, Girlschool, Saxon-Fronter Biff Byford und Ute Kromrey (Singerman Entertainment) zu Wort kommen. Untertitel wären an dieser Stelle vielleicht ganz hilfreich gewesen, denn zumindest zu Beginn des Interviews ist der Mann wirklich kaum zu verstehen. Was bleibt, ist also ein Dokument, das ohne den traurigen Zusammenhang mit Lemmys Tod vollkommen überflüssig und irgendwie auch ärgerlich wäre. So bleibt eine fast schon bedrückende Melancholie, die man am besten mit lauter Tonkonserve beseitigt.

Long live Rock'n'Roll - Lemmy lives forever!

Trackliste

  1. 1. Bomber
  2. 2. Stay Clean
  3. 3. Metropolis
  4. 4. When The Sky Comes Looking For You
  5. 5. Over The Top
  6. 6. Guitar Solo
  7. 7. The Chase Is Better Than The Catch
  8. 8. Lost Woman Blues
  9. 9. Rock It
  10. 10. Orgasmatron
  11. 11. Doctor Rock
  12. 12. Just Cos You Got The Power
  13. 13. No Class
  14. 14. Ace Of Spades
  15. 15. Whorehouse Blues
  16. 16. Overkill
  17. 17. Lemmy Feature

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