laut.de-Kritik
Von Altersmilde keine Spur!
Review von Manuel BergerSchon ausgiebig gefrühstückt? Hoffentlich nicht. Üppigen Mageninhalt rühren Napalm Death mit ihrem neuen Eingeweidehäcksler mal ganz flugs gründlich um. Es mögen 28 Jahre seit "Scum" vergangen sein, von Altersmilde ist trotzdem weit und breit keine Spur. Im Gegenteil: Old School-Anhänger mögen mich für diese Aussage kreuzigen, doch "Apex Predator – Easy Meat" ist das Beste, das die Grindcore-Väter in ihrer langen Karriere bisher abgeliefert haben.
Im Grunde legen uns Barney Greenway und Co. geballte Superlative vor. Der Frontmann selbst ist in der Form seines Lebens, brüllt alles in Grund und Boden und dominiert die Platte mit brachialer Härte. Das Instrumentarium bewegt sich mit traumwandlerischer Sicherheit zwischen Hochgeschwindigkeitsschnitzler und kompromissloser Groovewalze. Was beispielsweise "Metaphorically Screw You" mit einer Nackenmuskulatur anstellt, ist verdammt großes Kino.
All das kommt daher im unglaublich fetten Soundpaket. Diese Produktion dürfte Maßstäbe setzen. Genau wie die Band selbst vernachlässigt sie weder Tradition noch Trademarks, achtet aber auch auf einen modernen Anstrich. Hier klingt nichts wie schon einmal benutzt. Die Drums hämmern zielgerichtet und aggressiv das Fundament, der Mann dahinter, Danny Herrara, ist ein absolutes Biest. Mitch Harris' Gitarre dreht am Fleischwolf, und Shane Embury reißt mit seinen fies bollernden Basslines ganze Gebäude ein. Über das wahnwitzige Stimmgewitter, das Barney entfacht, sprachen wir ja bereits.
Beweisen müssen Napalm Death anno 2015 eigentlich niemanden mehr etwas. Trotzdem haben sie ihren Sound merklich weiterentwickelt. Selbst Totalabrisse wie "Stunt Your Growth" offenbaren klarere Strukturen als in der Vergangenheit. Die Kompositionen tun weh (im positiven Sinne!), scheuen keine Extreme, erscheinen forciert, genau durchdacht und auf den Punkt gebracht und integrieren genrefremde Elemente mühelos in den Fluss.
Schon das Intro "Apex Predator – Easy Meat" führt dies vor. Atmosphärisch erinnert es teilweise an schamanische Nile-Intermezzi, stilistisch bewegen sich Napalm Death hier zwischen Industrial, Tribal und gregorianischem Choral. Das fast schon hymnische Chorelement findet auch im bärenstarken Low-Tempo-Monster "Dear Slum Landlord..." sowie in "Hierarchies" Verwendung. Letzteres wartet dazu nicht nur mit abartigen Schlagzeugtracks, sondern auch mit einem superb eingebetteten Solo (!) von Gastklampfer John Bilbo Cooke auf.
Während die meisten Tracks sich zwischen zwei und drei Minuten Lauflänge einpegeln, gibts mit dem eigentlichen Opener "Smash A Single Digit" auch noch ein nicht einmal anderthalbminütiges Grindfest. Es wird geblastet, gebrüllt und geschreddert, was das Zeug hält. Barnie wühlt sich durch Eingeweide und Hirnmasse, und ehe man sichs versieht, ists schon wieder rum.
Kaum zu glauben: Der Rausschmeißer "Adversarial / Copulating Snakes" bringt es auf schlappe fünf Minuten. Was machen Napalm Death mit so viel Zeit? Nun, wie wäre es zum Abschluss mit einem richtig derben Groove, der den von "Beyond The Pale" oder "Metaphorically Screw You" noch einmal toppt?
Füllmaterial sucht man in diesen hochgradig fokussierten, massiven 40 Minuten vergebens. Einen treffenderen Titel für ihr fünfzehntes Album als "Apex Predator" hätten sich die Engländer nicht ausdenken können. Der Spitzenpredator im Reich des Grindcore heißt zweifellos Napalm Death.
9 Kommentare mit 6 Antworten
sehr gut, der herr berger, sehr gut.
Da kann ich mich nur anschließen...werd definitiv mal reinhören. Die Sache mit dem Solo glaub ich erst, wenn ichs gehört hab.
Naja. Dauert im Grunde nur paar Sekündchen.
Na endlich. Sehr gutes Schlachtfest. Kommt nicht ganz an die Mick Harris-Sachen ran. Aber sie könnens noch. Die eingestreuten Noiseelemente und die an Godflesh erinnernde kühle Atmosphäre habens mir durchaus angetan.
Napalm Death...eine der wohl schlechtesten und meist überschätzten Bands der Geschichte...
Sehe ich anders. Eher als Vorreiter, sogar bis in den Jazz hinein. Ex-Drummer Mick Harris spielte bei Painkiller um John Zorn Free-Jazz mit heftigen Noise/Grindausbrüchen.
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
wo hier schon mal die freunde des gepflegten stromgitarrenentertainments alle beieinander sind, möchte ich die gelegenheit nutzen, und auf die neue anal vomit hinweisen.
ehrenwerter bastard aus death/trash und black metal, rumpelt schön oldschoolig daher,kann man durchaus mal ne chance geben, auch wenn böse zungen behaupten, die produktion der neuen platte wäre viel zu kommerziell ausgefallen.mir taugts.
https://www.youtube.com/watch?v=CphsThpxiLk
Der Bandname. Lol.
Wenn der Sänger noch growlen lernt, könnte man sich das ja fast anhören.
lernt der nimmer.muss man wohl so nehmen, wie es kommt.
iwie spackt eure kommentarfunktion rum.