laut.de-Kritik
Zwischen Big Band, Southern Rock, Gospel und Country.
Review von Yan VogelNeal Morse einen Idealisten zu schimpfen, würde ihm wahrscheinlich nur ein Lächeln abtrotzen. Die Welt um ihn herum könnte untergehen und man kann durchaus den Eindruck erlangen, dass dies derzeit geschieht. Neal Morse glaubt weiterhin nicht nur an das Gute und das Schöne, sondern auch an den Christengott himself.
Getreu den Propheten des Alten Testaments, die der Herr zu seinem Werkzeug gemacht hat, flüstert dieser dem Tastenwizard die Melodien ins Ohr. So sagt es der Ex-Spock's Beard-Frontmann, man nimmt es hin und denkt sich Stimmen hin, Gottes Wort her. Solange die Qualität seiner Veröffentlichungen nicht abreißt, solange kann der Strom der Kreativität ungehindert fließen.
Aber Achtung an alle Routine-Hörer der vorherigen Soloalben: Hier wird eben nicht Schönes und Schmerzvolles vereint, wie man es vom Progger gewohnt ist. Es zählt nur die pure Harmonie, der Wunsch nach Erlösung, nicht nach Ekstase. Morse verzichtet auf die Errichtung musikalischer Kathedralen zu Ehren des Herrn und lotet sein religiöses Grundgefühl auf Basis schöner, unverschnörkelter Melodien aus.
Heraus kommen Songs, wie wir sie hier und da bei Spocks Beard in Form die Konvention des Prog durchbrechender und mit Beatlelesker Einfachheit versehener Strukturen kennen und schätzen gelernt haben. Klar bricht sich hier und da in den Lyrics der Glaube Bahn, klar klingt die Musik stellenweise eine Spur zu amerikanisch. Da es hier nicht um das Freihandelsabkommen, sondern 'nur' um die Goutierung guter Musik geht, sei Mr. Morse hiermit verziehen.
Der Multiinstrumentalist reflektiert sein Leben ("Whatever Days"), staunt über seine Kinder ("Daddy's Daughter") und die Fantasie ("Heaven Smiled"). Ein destruktives und sinnloses Versinken im Nichts kann man von einem Menschen, der so tief in seinem Glauben verwurzelt ist, auch nicht erwarten. Ein leichter Anflug von Melancholie ("My Time Of Dying") verfliegt schnell, angesichts der zu erwartenden unendlichen Liebe ("The Way Of Love").
Big Band Style, Southern Rock, Gospel, Country, um nur einige Ingredienzen der musikalischen Palette zu nennen, verleiht Neal Morse durch sein Songwriterisches Talent und seine angenehme Stimme einen Rahmen. Und trifft vereinzelt voll ins Schwarze, bspw. mit den Balladen ("Love Shot An Arrow") oder dem episch aufgehübschten Gute Laune-Rocker "Land Of The Free".
Hier merkt sofort, dass dies Morses Heimat verkörpert. Hier fühlt er sich musikalisch zuhause und kann Belangloses von großartigen Momenten trennen. Nicht dass der Rest schlecht wäre, aber Morse probiert sich oft in genrefremden Gefilden aus und verliert so den Blick für die Qualität. So gelingt der Spagat zwischen Ausdruck der textlichen Ebene und der entsprechenden songwriterischen Einbindung in den Songs nicht immer.
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