laut.de-Kritik
Musikalische Messe ohne Kitsch.
Review von Kerstin KratochwillDie befreundeten Musiker Nick Cave und Warren Ellis bereisten 2022 ihr Heimatland Australien für 16 Konzerte: Auf der Tour spielten sie ihr hochgelobtes Album "Carnage" aus dem Jahr 2021 sowie Songs aus dem Katalog von Nick Cave & The Bad Seeds.
Ellis ist ein langjähriges Mitglied der Bad Seeds, und er und Cave haben bereits an vielen anderen Projekten zusammengearbeitet. Aber dies war das erste Mal, dass die beiden als Duo durch Australien tourten, wobei drei Auftritte im Opernhaus von Sydney wohl als Höhepunkt einer emotionalen Reise gelten können, den man nun auf dem Live-Album "Australian Carnage - Live At The Sydney Opera House" nachempfinden kann.
Digital schon jetzt erschienen, folgt am 1. Dezember als stilsicher passendes Geschenk in der Vorweihnachtszeit eine 8-Track-Vinyl. Denn die Aufnahme ist durchaus spirituell, emotional packend und intensiv. Aber die Messe, mit der Cave-Konzerte oft verglichen werden, und die klagende Sirenenstimme von Ellis dazu, gerät dank immer wieder aufblitzendem Humor sowie Hoffnungsschimmern nicht pastoral oder pathetisch.
Das Live-Album transportiert die Energie, die zwischen Publikum und Künstler entsteht und berührt so immer wieder: Zusammen mit Colin Greenwood von Radiohead und Larry Mullins von Bad Seeds sowie den Backgroundsängern Wendi Rose, Janet Ramus und T Jae Cole spielen sich Cave und Ellis vor einem hörbar begeisterten Publikum frei.
Zu den Höhepunkten gehörten das geradezu filigrane "Bright Horses", der gospelhafte Song "Carnage", das diablosiche mitreißende "White Elephant" sowie die sehnsuchtsvollen Lieder "Waiting For You" und "I Need You". Mit "Cosmic Dancer“ interpretieren sie zudem den T-Rex-Song mit Violine und Eleganz, so dass die Zeilen "I danced myself out of the womb (...) I danced myself into the tomb" eine zugleich traurige wie tröstende Note erhalten, die voller Zuversicht und Zärtlichkeit erstrahlt. Mehr kann man auch von einer Weihnachtsmesse nicht erwarten.
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