laut.de-Kritik
Soulige Jazz-Interpretationen mit Mutzke und Naidoo.
Review von Artur Schulz"Wissen sie, wie schwer es ist, als Jazz-Künstler heutzutage überhaupt noch Aufmerksamkeit zu bekommen und Platten zu verkaufen?", klagte unlängst Diana Krall im Gespräch mit Spiegel online. Ahnliche Gedanken dürften auch hiesige Jazzer umtreiben. Till Brönner ließ zuletzt reichlich Pop ins Output einfließen. Nun beschreitet Nils Wülker mit "Up" ebenfalls diesen mit vielerlei Fallen gespickten Weg.
Das Instrumental "Dawn" lädt als Opener ein zur Erkundung des aktuellen Musikverständnisses Wülkers. Die gefühlvolle Trompetenarbeit setzt klare Akzente, das Arrangement flirtet mit gediegenen Chillsounds. "Season" präsentiert mit Max Mutzke den ersten Gaststar. Und der fügt sich großartig in den fast puristisch groovenden Sound Wülkers ein. Seine Performance legt er beseelt und eindringlich an und korrespondiert vorzüglich mit Wülkers Trompete.
Im Gegensatz zu Xavier Naidoo. "I Just Want To Play" lautet die Vorgabe für den Mannheimer, und das sollte eigentlich eine Menge Freiraum für die Intonation bieten. Heraus kommt allerdings nur eine uninspirierte Auftragsarbeit, die Mutzkes Beitrag im Vergleich dazu nur noch heller leuchten lässt. Naidoo imitiert nur leidenschaftlichen Soul und macht dem Titel mit sämigem Pathos und allzu gelangweilt phrasiertem Gesang endgültig den Garaus.
Die unaufgeregt inszenierten Instrumentals, für die auch Filmmusiker Craig Armstrong Beiträge zusteuert, fungieren als verbindendes Scharnier zwischen den Auftritten der Gäste. Sie erscheinen als kleine, melodische interludes und als (stets hochwertig ausgespielte) Fingerübungen Wülkers. Von den Sängerinnen gibt Lauren Flynn auf "Homeless Diamond" einen energischen und gar intensiv dampfigen Soulpart, ebenso wie Jill Scott mit ihrem Auftritt in "Worth The Wait".
Mitte des Albums setzt Wülker überraschend die Disco-Kugel der Seventies in Gang. "Three Grains Of Saffron" mit David McAlmont am Mikro gefällt als Adaption jener Funk-Ära mit allen heißgeliebten Zutaten in Sachen Beat und Percussion. Und lockert das vornehmlich midtempo-lastige Ambiente des Albums dadurch willkommen auf. Für "Keeps On Walking" wagt sich Sasha auf dezent angepopptes Souljazz-Terrain, fremdelt dabei aber hörbar. Hier überzeugt das quirlig-lebendig angelegte Arrangement eindeutig stärker.
Als aufmerksamer Wanderer zwischen Jazz, Pop und Soul zaubert Nils Wülker aus all den Fundstücken am Wegesrand einen stimmigen Strauß relaxter Adult-Sounds. Im direkten Vergleich mit den letzten Arbeiten von Brönner und Krall setzt er aber ganz eigene Duftmarken, die dem eigentlichen Jazz dabei deutlich mehr Raum zugestehen.
2 Kommentare
Man muss Naidoo nicht mögen, ich kann ihn auch nicht leiden. Man kann ihm aber nicht absprechen, dass er eine gute Stimme hat. Nur wegen persönlicher Abneigung den Beitrag schlecht zu reden ist wenig professionell. "gelangweilt phrasiertem Gesang " ist schon starker Tobak und kann ich nicht nachvollziehen.
Das was Cybermat sagt. Und "Fingerübungen"...Artur Schulz sollte mal Freddie Hubbard hören. Wülker ist ein totaler "wenig Töne Spieler" und viel mehr auf Spuren eines Chet Baker oder Miles Davis. Aber wieso reg ich mich auf? Die meisten Kritiker können selbst nichts künstlerisches erschaffen, nur kritisieren. Der Jobtitel heißt ja auch nicht "Lobender"...