laut.de-Kritik
Feine Jazz-Anleihen, Reggae und Synthiepop.
Review von Alexander CordasVier Süßwassermatrosen und eine etwas gelangweilt dreinblickende Dame zieren das Cover. "Wannsee Ahoi" heißt denn auch der Opener, mit dem Nylon in ihr Album einsteigen. Was an der Berliner Bade-Pfütze so faszinierend sein soll, dass man ihr eine Hommage widmet, wissen wohl nur die Bewohner von Deutschlands größtem Hundeklo.
Egal, so lange die klangliche Seite davon so schön unaufgeregt und charmant daher kommt. Zart angejazzte Tunes wetteifern mit Lisa Bassenges sanfter Stimme. Passend zur Jahreszeit ziehen vor dem inneren Auge hauchzarte Nebelschleier vorbei, ein leichter Nieselregen untermalt die melancholische Stimmung.
Der Beginn des Albums plätschert angenehm vor sich hin. Dezente Tristesse schmücken Nylon gekonnt in fein gewobene Jazzpop-Perlen, die unaufdringlich instrumentiert dem Ohr schmeicheln. Akkordeon-Melodien flirren um "Liebe Macht Blöd", und fast ist man geneigt, Lisa Glauben zu schenken, wenn sie derart philosophisch scharwänzelt: "Liebe macht blöd, Romeo muss ewig leiden, du wirst nicht stark und schön, der Himmel hängt nicht voller Geigen. Liebe macht blöd und schlägt dir auf den Magen. Besser, du lässt es sein."
Nylon sind aber nicht nur auf gemächlich dahin trudelnde Songs abonniert, sondern ziehen das Tempo mitunter deutlich an. "Kurze Weile" driftet sogar in Synthiepop-Gefilde ab, die der Band ebenso gut stehen wie Reggae-Anleihen ("Glück", "So Oder So Ist Das Leben"). Mit dem schon von Marlene Dietrich und Hildegard Knef interpretierten "Ich Weiß Nicht, Zu Wem Ich Gehöre" wagen sich Nylon sogar an einen der großen Klassiker heran.
Auch wenn Lisas Stimme kaum Ähnlichkeit mit denen der beiden Diven hat, überzeugt sie auch mit diesen Coverversionen. Mission erfüllt, möchte man ihnen zurufen.