laut.de-Kritik

Lady Gaga schießt die Tomcat ab.

Review von

Der "Top Gun"-Soundtrack von 1986 ist gottgleich. Einer der besten O.S.T. der 1980er und mindestens einen Meilenstein wert. "Top Gun: Maverick" ist - nun ja - einfach Filmmusik. Ziemlich unausgewogen noch dazu.

Das Original beinhaltete zehn unter anderem von Giorgio Moroder und Harold Faltermeyer extra für den Bruckheimer-Klassiker produzierte und geschriebene Stücke von Kenny Loggins, Berlin, Miami Sound Machine, Loverboy und Cheap Trick.

Auch wenn diese Interpret*innen aus ganz unterschiedlichen Richtungen kamen, schufen sie eine einheitliche Stimmung. Anstatt eines großen Klumpatschs entstand eine in sich geschlossene Welt. Ein Statement der 1980er.

Auf "Top Gun: Maverick" spürt man davon nichts mehr. Verständlicherweise versucht Faltermeyer - nun ohne Moroder - einen anderen Weg zu gehen. Dafür arbeitet er mit Lady Gaga, sowie den Komponisten Hans Zimmer (Interstellar, No Time To Die, The Dark Knight Rises) und Lorne Balfe (Mission: Impossible – Fallout, The Crown, Black Widow) zusammen. Dass der Weg aber nicht immer das Ziel ist, zeigt dieser ideenlose Soundtrack.

Gitarrist Johnny Marr (The Smiths) schrieb auf Basis der alten "Top Gun Anthem" eine neue Theme, die es letztendlich nur in den ersten Teaser und so enttäuschenderweise nicht auf das Album schaffte. Stattdessen gibt es mit "Main Titles (You've Been Called Back to Top Gun)" eine eher verhaltene Überarbeitung der Vorlage, die zurück zur Atmosphäre des Vorgängers führen soll.

Gleich darauf zerfällt der Soundtrack in Beliebigkeit. Ein planloses Potpourri aus Score, Cover Versionen, neuen Stücken und alten Bekannten.

Klar, Kenny Loggins "Danger Zone" zählt zu den mitreißendsten Soundtrackbeiträgen der 1980er. Aus heutiger Sicht schwer vorstellbar, dass Toto ihn eigentlich singen sollten. Brauchen wir das Lied deswegen aber gleich noch mal, wo wir es doch schon auf "Top Gun" finden? Egal, wie die Antwort auch ausfallen mag: Die Energie, die das Stück ausstrahlt, reißt der theatralische, jedoch reinlich uninspiriert Score "Darkstar" sofort wieder ein. Faltermeyers beste Tage liegen noch weiter zurück als seine bisher letzte Arbeit "Cop Out" von 2010. Um jegliche Dynamik komplett abzuwürgen folgt darauf Miles Tellers (Lt. Bradley "Rooster" Bradshaw) Live-Cover von "Great Balls Of Fire". Im Film mag all dies Sinn ergeben, hier stolpert man blindlings voran und lässt jedes Feingespür vermissen.

Auch im weiteren Verlauf hangelt sich der Longplayer an ein paar schäbigen Resten Nostalgie entlang, ohne etwas Neues zu erzählen. Bis auf hektisch ansteigendes Geigengefiddel haben die Scores durchgehend nur wenig zu bieten. "Tally Two / What's The Plan / F-14" erscheint zumindest zu Beginn leicht bedrohlich. "The Man, The Legend / Touchdown" führt Theme und Score doch noch geschickt zusammen, klingt aber ungewöhnlich blechern.

Gerade einmal zwei neue Songs schaffen es auf das Album. OneRepublics "I Ain't Worried" gelingt das Kunststück, selbst in diesem Durcheinander noch deplatziert zu wirken. Ansonsten bleibt das muntere Gepfeife weitestgehend egal. Die sonst so stilsichere Lady Gaga schießt mit der Powerballade "Hold My Hand" jedoch die F-14 Tomcat ab, überspannt den Kitschfaktor komplett. Da es sich hier um ein Lied handelt, hat sie damit reale Chancen auf einen Oscar. Wäre dieses Overacting eine Schauspielrolle, wäre ihr die Goldene Himbeere sicher. Ihr bisher schlimmster Track.

Im Film selbst gibt es noch Stücke wie Hank Williams' "Your Cheatin' Heart", David Bowies "Let's Dance", The Whos "Won't Get Fooled Again" oder T.Rexs "Bang A Gong (Get It On)" zu hören. Sicherlich nicht die kreativste Songauswahl, aber vielleicht hätte man mit dem Einbeziehen dieser Lieder irgendwie doch noch etwas retten können. So bleibt der Soundtrack von "Top Gun: Maverick" verglichen mit dem Vorgänger in seiner Beliebigkeit und Zerfranstheit eine einzige Enttäuschung.

Trackliste

  1. 1. Main Titles (You've Been Called Back to Top Gun)
  2. 2. Danger Zone
  3. 3. Darkstar
  4. 4. Great Balls of Fire (Live)
  5. 5. You're Where You Belong / Give 'Em Hell
  6. 6. I Ain't Worried
  7. 7. Dagger One Is Hit / Time To Let Go
  8. 8. Tally Two / What's The Plan / F-14
  9. 9. The Man, The Legend / Touchdown
  10. 10. Penny Returns – Interlude
  11. 11. Hold My Hand
  12. 12. Top Gun Anthem

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8 Kommentare mit 18 Antworten

  • Vor einem Jahr

    Lieber Herr Kabelitz, schon der 80'er Soundtrack zum ersten Top Gun Film war wohl mit das Schlechteste was Giorgio Moroder in seiner Karriere je produziert hat (mal abgesehen von seinen ersten Gehversuchen im Schlagergeschäft Ende der 60/Anfang der 70er). Wie Sie hier dieses Machwerk abfeiern ist etwas strange.

  • Vor einem Jahr

    Noch keine Rezi zur neuen Everything Everything Scheibe, aber so einen Schrott rezensieren? Klicks Klick Klicks! Wuff!

  • Vor einem Jahr

    Nach der Rezension muss ich unbedingt den Soundtrack zum ersten Teil hören, bin gespannt!
    Hat den neuen Film hier jemand gesehen? Das ist eher nicht so meine filmische Baustelle aber mehrere Leute berichteten schon, das sei Popcornkino in Perfektion.

    • Vor einem Jahr

      Soll vorkommen wenn du dir perfide über viele Generationen hinweg eine Gesellschaft erziehst, die in der Mehrzahl gerade noch alle 4 Jahre zwei Kreuze auf nem Wahlzettel gemalt bekommt ohne ihn ungültig zu machen, auf Popcornkino in Perfektion ohne dieses ganze Brimborium drum herum, wer da jetzt von welcher Darstellung wie profitiert oder das bereits getan hat, steht und generell eher geneigt ist dem Harald aus ihrer facebook-Timeline zu glauben, weil der es schwer hat und trotzdem nach 5 Feierabendbier jeden Tag seinen Arsch wieder zur Maloche hoch bekommt, statt irgendwelcher Eierköppe, die behaupten Wissenschaft sei auch echte Arbeit und dabei nie im Leben nen Zentner Fugenmörtel auf die Beifahrerseite ihres Golf III gehievt bekämen!

    • Vor einem Jahr

      Ich verfrachte das mal in die Übersetzungsmaschine "doc souli-verständlich" und gebe dann eine qualifizierte Antwort dazu :)

    • Vor einem Jahr

      Übersetzung: deine Leute sind anspruchsarme Normies. Genau wie du.

    • Vor einem Jahr

      Ich reagiere grundsätzlich allergisch auf patriotischen Bruckheimer-Schwachsinn. Und dennoch liefert dieser Film sehr gute Unterhaltung. Selbige wird auch nicht durch den gleichzeitigen Genuss einer Tüte Popcorn geschmälert.