laut.de-Kritik
Willkommen zur Sexadelic Dance Party.
Review von Daniel StraubObwohl ihn die wenigsten gesehen haben, dürfte er doch den meisten ein Begriff sein. Schließlich leistet der einprägsame Name allerlei Assoziationen Vorschub. Die Rede ist von "Vampyros Lesbos", einem exotischen Film, der seinen Ursprung 1969 in Spanien hat. Surreale Träumereien, erotische Phantasien und nicht zuletzt die Musik von Manfred Hübler und Oskar Schwab verbinden sich unter den Händen von Regisseur Jess Franco zu einem surrealen Werk.
Lange Jahre fristete dieser außergewöhnliche Streifen kaum mehr als ein Schattendasein im Kuriositätenkabinett der Filmgeschichte. Allerhöchstens einige Filmfreaks erfreuten sich hin und wieder an der lebendigen Bildsprache von "Vampyros Lesbos" und den nicht minder animistischen Sounds.
Das ändert sich erst, als das Label Crippled Dick Hot Wax den Soundtrack 1995 erstmals wieder auflegt. Ende der 90er Jahre verankert "The Spirit Of Vampyros Lesbos" den spanischen Film in der Clubkultur. Rockers Hi Fi, Alec Empire, DJ Hell, Cristian Vogel oder Two Lone Swordsmen lassen sich darauf vom Soundtrack zu Remixen inspirieren, 70ies Psychedelic trifft auf zeitgenössische Elektronik zwischen Downbeat, Triphop, Drum'n'Bass und Techno.
Nun hat Crippled Dick Hot Wax die Original-Bänder einer digitalen Nachbehandlung unterzogen und mit einigen Bonustracks der Franco-Filme "Sie tötete in Ekstase" und "Der Teufel kam aus Akasawa" versehen als CD nochmals neu veröffentlicht.
So kann die 'Sexadelic Dance Party' also endlich steigen. Füllige Bläsersätze, zerbrechliche Sitar-Einlagen, schrille Gitarren-Chords, wilde Hammond-Einlagen und ein jazzig beseeltes Rhythmus-Fundament erzeugen ein Klangbild, so skuril, als ob man einer ganzen Big Band LSD in die Drinks gekippt hätte. Der Soundtrack von "Vampyros Lesbos" trägt den Geist der späten 60er Jahre in sich, übersetzt den Aufbruch jener Tage in Töne und Rhythmen.
Die passenden Anekdoten dazu liefert das Booklet der CD. Etwa, dass Regisseur Jess Franco den Auftrag für einen Film bekam und gleichzeitig zum offiziellen Streifen gleich noch einen zweiten Film realisierte. Das fiel erst auf, als sich das Studio über den enormen Materialverbrauch wunderte. Jess Franco, das spanische Pendant zu Fassbinder. Manisch besessen, genial kreativ und stets mit einem Bein jenseits dieser Realität. "Vampyros Lesbos" öffnet die Pforte in seine Welt ein Stückchen weit.
Noch keine Kommentare