laut.de-Kritik

Dancefloor-Hymnen ganz ohne schlechtes Gewissen.

Review von

Manchmal reicht im Leben schon ein kurzer Schritt, um einer verloren geglaubten Liebe wieder neues Leben einzuhauchen. Jahrelang machte Panic! At The Disco-Frontmann Brendon Urie einen großen Bogen um seine Heimatstadt Las Vegas. Der Sänger fühlte sich fast schon angewidert von all der vermeintlichen Oberflächlichkeit, die sich zwischen funkelnden Casinos und pompösen Hotels stapelt.

Im vergangenen Jahr kam es dann zur unerwarteten "Reunion". In einem Tanzclub inmitten der Stadt kamen sich beide 'Parteien' wieder näher: "Ich lauschte den treibenden Beats und beobachtete all die tanzenden Leute dabei, wie sie Spaß hatten. Und dann wollte ich Musik wie diese machen, denn diese Leute zelebrieren das Leben. Das war eine Erfahrung, die mich meinen Zynismus ablegen ließ", so der Bandchef.

Und so füllt das neuerliche Glücksgefühl über die Wiedervereinigung zwischen Heimat und Ziehsohn das für die Aufnahmen zum neuen Album angemietete Studio mit Glitter und Glamour. Bereits der Opener "This Is Gospel" präsentiert sich wie ein perfekter Soundtrack-Beitrag für eine pompös inszenierte Las Vegas-Doku. Im Strobo-Gewitter flitzen reichlich elektronische Spielereien um die Ecke, während sich aufgemotzte Gitarrenspuren und Uries emotionsgeladene Gesangseinlagen um den Platz an der Sonne streiten.

Auch das anschließende "Miss Jackson" schlingt sich im Hymnen-Modus um unzählige Tanzbeine. Allerdings werden hierfür die Räumlichkeiten getauscht. Statt im verschwitzten Indie-Club, hüpfen die Verantwortlichen auf dem Pop-Dancefloor auf und ab.

Ebenfalls massenchoreografietauglich präsentieren sich Songs wie der knarzige Clark County-Kniefall "Vegas Lights", das Out-of-Space-Experiment "Casual Affair" oder der flotte Pop-Derwisch "Collar Full". Zwischendurch gönnen sich die Amerikaner die eine oder andere Atempause, ohne dabei die Orientierung zu verlieren ("Girl That You Love", "The End Of All Things").

Panic! At The Disco und Las Vegas – das passt wieder wie der berühmte Arsch auf Eimer. Mit flächendeckender Opulenz, dem Gespür für große Harmonien unter Zuhilfenahme zahlreicher pointierter Elektro-Elemente, bewerben sich die Mannen um Brendon Urie mit Nachdruck um einen Eintrag ins goldene Buch der Stadt. Stifte her und rein mit euch.

Trackliste

  1. 1. This Is Gospel
  2. 2. Miss Jackson
  3. 3. Vegas Lights
  4. 4. Girl That You Love
  5. 5. Nicotine
  6. 6. Girls/Girls/Boys
  7. 7. Casual Affair
  8. 8. Far Too Young To Die
  9. 9. Collar Full
  10. 10. The End Of All Things

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8 Kommentare mit 4 Antworten

  • Vor 11 Jahren

    Die Rezension ist zwar nicht gerade euphorisierend, aber: Vier Sterne? Echt?
    Vielleicht sollte ich mir das mal anhören. Auch wenn ich Panic seit Jahren aus Schamgefühlen boykottiere.

  • Vor 11 Jahren

    "Pretty. Odd." war ein tolles Album damals, aber das war ja auch noch vor dem Ausstieg des alten Songwriters. Ob mir die neue Ausrichtung der Band gefällt, kann ich nach der Rezension jetzt auch noch nicht sagen. Es hilft wohl alles nichts, ich werde wohl selbst mal reinhören müssen.

  • Vor 11 Jahren

    Ich find das erste Album nach wie vor Klasse und war vom Stilwechsel des zweiten enttäuscht

    • Vor 11 Jahren

      "A Fever You Can't Sweat Out" mochte ich zu seiner Zeit auch. Allerdings ist es ein Album, was ich heute gar nicht mehr auflege (ähnlich wie das Debüt der Strokes). "Pretty. Odd." hat mich dann ebenfalls überrascht (wie wohl uns alle), aber im Gegensatz zu dir positiv. Ist ein Album, das ich nach wie vor gern höre. "Vices & Virtues" hingegen habe ich genau ein Mal gehört damals und seitdem nie wieder - war mir zu belanglos.

    • Vor 11 Jahren

      Also ich mochte eigentlich beide Alben sehr, aber mittlerweile sind die im selben Giftschrank verschwunden, in den ich auch die schwarzen Röhrenjeans aus meinen Pseudo-Emo-Teen-Tagen verdammt habe.
      Ist vielleicht ein bisschen unfair, aber ich kann mir die beiden Alben nicht mehr unbelastet anhören.

    • Vor 11 Jahren

      dann wird das hier wieder eher etwas für dich sein. ich gehöre leider auch zu denen die pretty odd lieben.