laut.de-Kritik

In der Mittelalter-Taverne feiert die Drehleier ihren Siegeszug.

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Die Drehleier zählt im Allgemeinen nicht gerade zu den Instrumenten, die innerhalb des Mainstream-Pop eine sonderlich große Rolle spielen. Seit dem deutschen Vorentscheid für den letztjährigen Eurovision Songcontest zieht der eine oder andere ESC-Fan aber zumindest kurz die Augenbrauen hoch, wenn es um das mittelalterliche Lauteninstrument geht. Seinerzeit belegte nämlich Patty Gurdy den letzten Platz. Und eben jene Patty, die bürgerlich auf den Namen Patricia hört, spielt leidenschaftlich gerne auf der Drehleier.

Die Töne der traditionellen Klangmaschine paart die gebürtige Deutsche gerne mit treibenden Drums und klassischen Mittelalter-Melodien. Ihr einst als Dark Folk Pop beschriebener Sound klingt im Hier und Jetzt aber eher locker, luftig und einladend. Angekommen in der Taverne hebt man sogleich die Gläser und lässt es sich gutgehen. Die Füße stampfen und die Drehleier trällert Melodien, die perfekt zu Gurdys gesanglichem "Dadideidumdum…"-Einstieg passen ("Welcome To The Tavern").

Auf der Suche nach ein paar "pretty girls", mit der sich die Protagonistin Perlen in die Haare stecken kann, erreicht die gute Laune bereits ihren Höhepunkt ("Find Me Some Pretty Girls"). Mit dem brummenden Chor eines mutigen Rittertrupps geht es hoch auf den Berg zur Drachenhöhle ("The Dragon From Lowerhill"). Und auch dort will man auf stimmungsvolles Liedgut nicht verzichten. Patty Gurdy hat ein angenehmes Organ. Da kratzt und fiept nichts. Die Töne stimmen, es gibt keinen deutschen Akzent zu beklagen und man nimmt ihr ab, dass sie viel Spaß bei dem hat, was sie da tut.

Das Problem ist, dass der mittelalterliche Pop-Folk, der ihr begleitend zur Seite steht, nur eine Richtung zu kennen scheint. Erst wenn Patty Gurdy auf die Bremse tritt, wendet sich das Blatt. Allerdings verzichtet die Sängerin dann nahezu komplett auf ihre Trademarks und versinkt stattdessen in kitschigem Balladenpop fürs Facharzt-Wartezimmer ("I Am With You"). Man will ihr ja gar nichts Böses, aber auf Dauer fehlt dem großen Ganzen vor allem eins, und das ist Atmosphäre. Mit der isländischen Sprache im Gepäck gelingt Patty Gurdy noch am ehesten ein nachhaltiger Soundcoup ("Álfarann"). Viel mehr versetzt den Hörer leider nicht in Verzückung.

So plätschert der mittelalterliche Folkspaß ein bisschen vor sich hin – mal versammelt man sich am Lagerfeuer ("I Am Free"), dann schielt man verstummt, aber mit vielen lieblichen Melodien an der Seite in Richtung Himmelszelt ("Up To The Stars") und mal lässt man wieder die Puppen tanzen ("Peg Leg Silly-Billy"). Patty Gurdy hat nicht nur ihre Drehleier, sondern auch ein paar Gäste mit an Bord (Christopher Bowes, Pernilla Kannapinn, Marko Hietala, Teufel). Ändern tut das nicht viel. Was bleibt, ist ein Album, das keine Bäume ausreißt oder gar Drachen besiegt. Der eine oder andere Mittelalter-Fan, dem auch die gängige Popmusik nicht auf die Nerven geht, greift hier aber sicher gerne zu.

Trackliste

  1. 1. Welcome To The Tavern
  2. 2. Find Me Some Pretty Girls
  3. 3. The Dragon From Lowerhill
  4. 4. I Am With You
  5. 5. Rise Up
  6. 6. Álfarann
  7. 7. I Am Free
  8. 8. Up To The Stars
  9. 9. Peg Leg Silly-Billy
  10. 10. Brighter Days Come
  11. 11. Ein Stücklein Erd
  12. 12. Eden
  13. 13. The Dragon From Lowerhill (Patty And Crowd Version)
  14. 14. Brighter Days Come (A Capella Version)

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