laut.de-Kritik
Dribbeln kann er eindeutig besser als singen.
Review von Giuliano BenassiWer kennt ihn nicht, den brasilianischen Stürmerstar Pelé? Eine lebende Legende, die in ihrer aktiven Zeit über tausend Tore schoss und dreimal die WM gewann? Stets höflich und grinsend, hat uns der FIFA-Weltfußballer des Jahrhunderts in etlichen Werbefotos alles Mögliche angepriesen, von Kreditkarten bis hin zu Potenzsteigerungsmitteln. Nun versucht er es auch mit dieser CD.
Einen Lebenstraum habe er sich erfüllt. Über 500 Lieder habe er in seinem Leben geschrieben. Mit 65 sei es an der Zeit, sie auch mit einem breiteren Publikum zu teilen, erzählt Pelé. Lediglich mit einer Klampfe ins Studio zu gehen, wäre natürlich vermessen gewesen. So hat er sich in die Hände des Produzenten Ruriá Duprat begeben, der ein imposantes Klangerüst aufgebaut hat. Zu einer Riege an Musikern, die Perkussionen, Orgeln und Gitarren verschiedener Macharten bedienen, gesellen sich 33 Streicher und zehn Bläser. So viele Leute, dass das Maracaná-Stadion mit ihnen zur Hälfte gefüllt wäre.
Duprat hat ganze Arbeit geleistet. Der Opener beginnt mit einer Rap-Einlage und geht mit einer funkigen Gitarre weiter. "Moleque Danado" bietet angenehmen Bossa Nova, für "Quem Sou Eu" hat sich sogar der brasilianische Kulturminister Gilberto Gil ans Mikrophon bitten lassen. Bei "Acredita No Véio" begleitet ein Kinderchor Pelé, "Meu Boi" fällt countryesk aus und erinnert stellenweise sogar an Calexico.
"Trocando As Bolas" ist dagegen so Rhythm & Blues, dass die Blues Brothers ihre Freude daran gehabt hätten. Zum Schluss kommen zwei Stücke, die Pelé in den 60er Jahren mit dem damaligen Popstar Elis Regina eingespielt hat. Die vokalen Spuren sind die von damals, die neu aufgenommene Begleitung dagegen im Stile der vorangegangenen Stücke.
Gerade im direkten Vergleich zeigt sich, dass Pelé vieles kann, aber nicht singen. Er klingt so, als stünde er durchwegs mit einem breiten Grinsen am Mikrophon, was zwar für gute Laune, aber kaum für musikalische Höhepunkte sorgt. Das liegt weniger an der Begleitung, die seine Stimme (glücklicherweise) fast in den Hintergrund stellt, eher an der Dünne des Materials, das einfach nicht mehr her gibt.
Eigentlich hätte sich Pelé ein Beispiel an Kollegen wie Franz Beckenbauer oder Paul Gascoigne nehmen können, deren diskographische Ausflüge noch Jahre danach für ein Schmunzeln sorgen. Doch der Brasilianer hat die Platte nicht aus Jux aufgenommen, sondern weil er tatsächlich an sich glaubt. Anhören braucht man sich das wirklich nicht, doch wegen seines Engagements und dem frühen Ausscheiden seiner unwürdigen Nachfolger bei der WM 2006 gibt es einen Trostpunkt dazu.
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