laut.de-Kritik
Der Rawkus-Veteran klopft nicht nur große Sprüche.
Review von David HilzendegenNach Mos Defs "True Magic" kommt mit Pharoahe Monchs zweitem Soloalbum eine weitere Platte eines Rawkus-Veteranen in die Läden. Beinahe acht Jahre ist es her, dass der Mann mit dem unaussprechlichen Namen sein Debüt "Internal Affairs" an den Start brachte. Unvergessen sind der Club-Banger "Simon Says" und die melodische Hymne "The Light". Um so erstaunlicher, dass ich persönlich selten so etwas wie "Desire" auf einen Nachfolger verspürt habe.
Allen, die ihn noch nicht kennen oder vergessen haben, stellt sich Monch im Titeltrack vor: "Who am I? Im the poetical pastor slave to the label but I own my masters." Große Worte, die er sich nach vielen Label-Querelen durchaus erlauben kann. Von Showtyme gesanglich unterstützt, wirken auf diesem Beat des Altmeisters The Alchemist sogar die sonst so ausgelutschten Handclaps frischer denn je.
Pharoahe klopft allerdings noch mehr als große Sprüche. Die aktuellen politischen Ereignisse im Irak nutzt er kurzerhand, um sich auf seine Conscious-Wurzeln zu berufen und den Public Enemy-Klassiker "Welcome To The Terrordome" zu covern.
Doch Pharoahe Monch hat noch mehr zu sagen. In "What It Is" watscht er die Gesellschaft zunächst für ihre verblendete Erlebnisorientierung ab ("See this is not American Idol | This is me tryin' to eat, human survival."). Dabei brilliert er über einem sehr schwierigen, kaum eingänglichen Beat, dem es in letzter Konsequenz doch an Raffinesse fehlt. Ein dröhnender Bass und ein Fiepen reichen leider nicht aus, um Atmosphäre zu schaffen.
Anders "When The Gun Draws", das die Gewaltbereitschaft und Waffenvernarrtheit der amerikanischen Gesellschaft aus Sicht einer Pistolenkugel geißelt ("And when I kill kids they say shame on me | Who the fuck told you to put their names on me?"). Nicht nur die Lyrics, auch der knochentrockene Beat mit der völlig kompromisslosen Snare machen den Track zu einem absoluten Highlight. Denaun Porter aka Kon Artis von D-12 sei Dank.
Derart schwere Kost benötigt natürlich den passenden Rahmen. Als Aperitif bietet Pharoahe Monch die Single "Push" an. Unkompliziert und einfach kommt diese daher, Pharoahe beteiligt sich sogar an Gospelgesängen. Was zunächst Lust auf mehr macht, wird auf Dauer recht eintönig. Von einem Tower Of Power-Feature hätte ich mir abwechslungsreichere Bläser erhofft.
Auch die großartige Erykah Badu wird mehr oder weniger durchgewunken. Aus ihrem Featurepart auf "Hold On", das in der Tradition von "The Light" und "The Truth" vom Debüt steht, hätte man deutlich mehr machen können als diesen einfach eingesungenen Refrain. Mit Unterstützung Black Milks versucht Pharoahe wohl, an "Simon Says" anzuknüpfen. "Let's Go" bleibt allerdings nur ein Versuch, wenn auch ein bemerkenswerter.
Trotz vermeintlicher Parallelen zum Vorgänger hält "Desire" manche Überraschung bereit. "Body Baby" besticht mit einer Symbiose aus Blues und Soul, die ich im Hip Hop so noch nicht gehört habe. Elvis würde sich verbeugen, ist die Hook doch als Hommage zu verstehen.
Das eigentliche Herzstück des Albums schlummert allerdings auf dem hintersten Rang. Unterstützt von Denaun Porter, Dwele und Tone rappt sich Monch durch die "Trilogy". Eifersucht, Seitensprünge und Mord bargen schließlich schon immer großes Konflikt- und Dramenpotenzial. Da fällt nicht mal die exotische Länge von 9:22 ins Gewicht, was nicht zuletzt an den wechselnden Beats liegt, die sich allesamt dem Jazz verschrieben haben. Großes Schauspiel in drei Akten! Pharoahe Monch hat die letzten acht Jahre definitiv genutzt und sich musikalisch weiterentwickelt.
Sagte ich, ich hätte kein Verlangen nach einem neuen Soloalbum von Pharoahe Monch verspürt? Ich kann das nächste kaum erwarten!
12 Kommentare
Platte hätte locker 4 verdient!
@Jack the Rapper (« Platte hätte locker 4 verdient! »):
Stimmt! Nach der Lobhudelei am Ende wundert es schon, dass nur eine 3 vergeben wurde.
also 4 punkte sind schon ein muss, finde ich...
hätte aber imo auch 5 verdient, weils einfach ein klasse album ist.
Yo, auch hier würde ich eher 4/4 ansetzen, das Album hat doch durchweg positiv überrascht und überzeugt.
Das PE-Cover ist göttlich.
Ich hoffe, dass sich der Autor heute noch für seine Bewertung schämt.
Das Album ist mMn eines der besten Alben der letzten 10 Jahre.
Kaum ein Rapper hat so viele verschieden Styles auf Lager wie Pharoahe. Und vor allem hat kaum einer so ein Gespür für Musik wie er. Im Vergleich zum 08/15-Rapper merkt man nämlich, dass er sich bei seinen Tracks wirklich Gedanken macht und nicht einfach ein paar Reime über irgendeinen Beat spitted.
Einer der die Kunst(Rap) wirklich voranbringen will und das auch tut.
Ich hoffe, dass sich der Autor heute noch für seine Bewertung schämt.
Das Album ist mMn eines der besten Alben der letzten 10 Jahre.
Kaum ein Rapper hat so viele verschieden Styles auf Lager wie Pharoahe. Und vor allem hat kaum einer so ein Gespür für Musik wie er. Im Vergleich zum 08/15-Rapper merkt man nämlich, dass er sich bei seinen Tracks wirklich Gedanken macht und nicht einfach ein paar Reime über irgendeinen Beat spitted.
Einer der die Kunst(Rap) wirklich voranbringen will und das auch tut.