laut.de-Kritik

Die virtuose Umsetzung eines Kinderbuchs.

Review von

Dass Primus aus der Bay Area rund um San Francisco eine Vorliebe für Kinderlektüre besitzen, dürfte kein Geheimnis sein. Zuletzt vertonten sie den Soundtrack des Filmes "Charlie und die Schokoladenfabrik" aus dem Jahre 1971 auf dem Album "Primus & The Chocolate Factory With The Fungi Ensemble" neu. Außerdem war es die erste Platte seit "Tales From The Punchbowl", die sie wieder mit Tim Alexander am Schlagzeug einspielten.

Auf "The Desaturating Seven" hört man dagegen neue Songs, die ihre Inspiration aus einer Geschichte von Ul De Rico beziehen. Bei dem farbenfroh illustrierten Buch "Die Regenbogenkobolde", das 1977 in der Erstauflage erschien, handelt es sich heute um ein gesuchtes Sammlerstück. Les Claypool hat seinen Kindern häufig daraus vorgelesen. Jeder der sieben Kobolde auf dem Cover dieses Albums repräsentiert eine Farbe des Regenbogens. Alle Farben wollen diese gefräßigen Kreaturen aus der Welt saugen. Die von Habgier, Betrug und Macht geprägte Handlung hat auch nach rund vierzig Jahren nichts an Aktualität und Wichtigkeit eingebüßt.

Die Story bildet eine hervorragende Vorlage für Primus, um ihre atmosphärischen Qualitäten auf Gesamtlänge zu betonen. "The Desaturating Seven" sollte man deswegen am Stück genießen, um in die düstere Stimmung, die sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, einzutauchen. Im Gegensatz zu den Klassikern "Sailing The Seas Of Cheese" und "Pork Soda" wirkt diese Platte geschlossener und homogener. Auf virtuose Instrumentalkunst muss man jedoch nicht verzichten.

Der Opener "The Valley" fasst zunächst die Handlung in Kurzform zusammen. Anschließend pendelt das Album zwischen melodiös-eingängigen ("The Seven", "The Scheme") und theatralisch-verspielten Nummern ("The Trek", "The Storm") hin und her. Den erzählerischen Fluss dieses Werkes halten die prägnanten Bassläufe und der eigenwillige Sprechgesang von Les Claypool und das funkige Gitarrenspiel von Larry LaLonde zusammen.

Mit voranschreitender Spieldauer dringt "The Desaturating Seven" in immer proggigere Sphären vor. Ihre vielen tollen und anspruchsvollen Ideen bündelt die Band aber auf eine kurzweilige halbe Stunde. So verzetteln sich Primus nicht zu sehr in lästige instrumentale Spielereien. Das an "One Of The Days" von Pink Floyd erinnernde Bassspiel in "The Storm" stellt dennoch eine positive Überraschung dar. Auch die von indischen Skalen beeinflusste Gitarrenmotivik in "The Dream" lässt aufhorchen.

Ganz am Ende greift "The Ends?" die behutsamen Akustikgitarrenklänge des Beginns von "The Valley" wieder auf. Im Grunde könnte man sich ewig in dem psychedelischen Klangbild auf dieser Platte verlieren. Die verschachtelten Lyrics von Les Claypool erschließen sich ohnehin erst nach einer intensiveren Auseinandersetzung. Dafür mangelt es den Arrangements keineswegs an Dramatik und Abwechslung. Interessante und Spannendes findet man auf dieser Scheibe noch nach Wochen.

Mit "The Desaturating Seven" präsentieren sich Primus so gut aufgelegt und kompakt wie lange nicht mehr. Darüber hinaus kann man sich der einnehmenden Atmosphäre auf diesem Album schwer entziehen. Über die Versiertheit, die jeder einzelne Musiker in dieser Band an seinem Instrument an den Tag legt, staunt man als Hörer nach wie vor. Somit dürften selbst Erwachsene eventuelle Berührungsängste gegenüber Kinderbüchern langsam ablegen.

Trackliste

  1. 1. The Valley
  2. 2. The Seven
  3. 3. The Trek
  4. 4. The Scheme
  5. 5. The Dream
  6. 6. The Storm
  7. 7. The Ends?

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