laut.de-Kritik
Wer Berechenbarkeit erwartet, hat schon verloren.
Review von Michaela PutzWer Songtitel wie "Scissor Fuck Paper Doll" oder "The Pig Keeper's Daughter" schräg findet, der weiß wohl noch nicht, dass es hier musikalisch noch um einiges wilder zugeht.
Chaos mit System, trifft die Beschreibung von "Our Puzzling Encounters Considered" wohl am besten. Wer bei diesen Musikern Berechenbarkeit erwartet, hat schon verloren. Konsequenter als Meshuggah oder The Dillinger Escape Plan demontieren sie sämtliche Regeln der Musiktheorie, Harmonieabfolge und Tonalität. Das Puzzle, aus dem sich eine mehr oder weniger gewöhnliche Nummer bildet, zerlegen sie Stück für Stück und ordnen das Ganze - scheinbar zufällig - neu. Allerdings nur scheinbar. Voller Berechnung reißen Psyopus mit ihrem Math-Grind Grenzen ein, die so weit außerhalb des Erdenklichen liegen, dass sie kaum als existent wahrgenommen werden. Zumindest nicht in diesem Genre. Das, was uns diese Freaks hier so unkonventionell um die Ohren knallen, findet seine Entsprechung am ehesten im Free oder Avantgarde Jazz.
Fans des Grind bekommen statt lyrischem musikalisches Gemetzel vorgesetzt. Das äußert sich in abgedrehten Riff-Folgen und ekstatischen Drums, die abrupt stoppen, in wildem Auf- und Abrasen der Gitarrenhälse sowie psychopathischen Shouts. Als wäre das nicht schon genug, gibt es noch hämisch lachendes Frauen- und Babygeschre obendrauf samt sekundenlangem, orkanartigem Lärm, der auf wirr anmutende Kompositionen trifft und in sanftem Geklimper mündet. Im Falle von "Siobhan's Song" sogar eine ganze Nummer lang. So will die Combo Einblick in die Psyche eines Gefolterten geben. Im vorliegenden Fall ist das bestimmt nichts für schwache Nerven.
Es scheint schwierig zu sein, einen Zugang ins Psyopus-Universum zu finden, da sie jede Spur dorthin sofort systematisch verwischen. Doch wäre es eine maßlose Unterschätzung der hervorragenden musikalischen Leistung, würde man ihnen bloß eine verquere Anordnung von Noten, Geräuschen und Lärm unterstellen. Darum handelt es sich definitiv nicht. Eher um einen bemerkenswerten und abgedrehten Mindfuck für Hörer, die offen sind und sich auch mal gerne den Kopf auseinander nehmen lassen.
13 Kommentare
Völlig kaputter Math-Grind-Avantgarde-Mischmasch. Unglaublich, was diese Jungs da abliefern, sowas durchgeknalltes habe ich wirklich seit Ewigkeiten nicht mehr gehört. Allein der Opener dürfte die allermeisten lebenslang reif für die Klapse machen.
Reinhören könnt ihr hier:
http://www.myspace.com/psyopus
Absolut geniales Teil. So extrem, wie es nur geht!
Reingehört wird.
Das haut mich alles nicht mehr vom Hocker.
@Baudelaire (« Das haut mich alles nicht mehr vom Hocker. »):
Sehe ich zwar weiterhin so, muss aber sagen, dass OPEC mindestens en par mit "Calculating Infinity" ist oder es sogar uebertrifft. Aber:@videodrone (« zwar unglaublich technisch, aber songwriterisch eher durchschnitt. »):
Da sind DEP immer noch eine Nasenspitze voraus; ich erwarte keine Ohrwurmhooks oder strukturelle Anhaltspunkte, aber wenn ich Gewichse einzig um dessen willen haben will, geh' ich lieber auf ein DT-Konzert.
Die Textstelle des Monats stammt derweil trotzdem noch von hier, "Play Some Skynyrd" naemlich:
Hands over ears, I am more than annoyed
Ten songs
Forty fucking breakdowns
Who the fuck handed you that guitar?
Nur geil. Ansonsten sind die Lyrics leider recht zum Vergessen.
das album ist ja nicht schlecht, aber zum öfter hören ists mir ein wenig zu extrem und wahnsinnig
Hm, aber in den richtigen Momenten haut es rein wie sonst kaum ein anderes Album!