laut.de-Kritik
Schmuse-Songs zwischen Kitsch und Soul-Pop.
Review von Eberhard DoblerManche Pop-Superstars sollte man in- wie außerhalb ihres Genre-Kontextes betrachten, will man ihnen gerecht werden. Für R. Kelly, den Meister der Ton gewordenen Schmusesong-Sparte gilt das ganz besonders. Denn das R'n'B-Klischee und vorgefertigte Meinungen verleiten sonst dazu, das eine oder andere Talent des Protagonisten unter den Tisch fallen zu lassen.
Im Zeichen von Produzenten wie den Neptunes, die den Markt der innovativen R'n'B-Produktionen beherrschen, sah mancher bereits R. Kellys Karriere-Ende nahen. Passend dazu floppte vor einem Jahr das Kollabo-Album mit Jay-Z. Doch beenden könnten seine Karriere höchstens die 15 Jahre Knast, die ihm im Falle einer Verurteilung wegen Kinderpornografie drohen. Auf Platte spielt der Chicagoer dagegen seine musikalische Überlegenheit aus. Beruhigend. Gerade in Zeiten, in denen das Fernsehen anscheinend jeden zum Vibrato-Superstar ausbilden kann.
Robert Kelly, Sänger, Songwriter und Multiinstrumentalist in Personal-Union, überzeugt auf seinem achten Album wie erwartet nicht gerade mit innovativen Sounds. Obwohl sich solche Ansätze bei "Imagine That" oder "Snake (feat. Big Tigger)" im Beat-Bereich nicht abstreiten lassen. Vielmehr präsentiert er sich mit seinen im Alleingang produzierten Tracks durchweg als Songwriter, der den schmalen Grat zwischen Kitsch und Soul-Pop meistert ("Forever" oder die Single "Ignition - Remix"). Beachtlich. Zumal in einem Genre, das wie kaum ein anderes geschmackliche Grenzfälle am Fließband produziert.
Die harte Realität der gegen ihn erhobenen Vorwürfe scheint Kelly im Studio auszublenden. So klingt "Chocolate Factory" fast beschwingt und deutlich transparenter als der Vorgänger "TP-2.Com". Was aber auch daran liegen könnte, dass er gerade angesichts einer unsicheren Zukunft überflüssigen Ballast abwirft und dem bisher vorherrschenden Bombast zum Teil die abgespeckte Eleganz des Souls der Siebziger vorzieht. Deepere Kopfnicker-Nummern wie "A Woman's Threat" (2001) bleiben dafür auf der Strecke.
Selbstreferenzen in puncto Melodien und Phrasierung lassen sich dennoch kaum vermeiden ("Been Around The World (feat. Ja Rule)". Das ihm eigene Pathos legt Kelly ebenfalls nicht ab ("Heart Of The Woman"). Das der Erstpressung beiliegende Fünftrack-Bootleg "Loveland" präsentiert sich weniger gut durchproduziert, wartet dafür mit der herausragenden, recht straight Nummer "Heaven I Need A Hug (Radio Edit)" auf.
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