laut.de-Kritik

Mit Heiratsschwindlerlächeln durch das kreative Ödland.

Review von

Das Heiratsschwindlerlächeln sitzt, so viel steht fest. Versonnen blickt Ramon Roselly am Fotografen des Covers vorbei, mutmaßlich ein Objekt der Begierde fixierend. Der Titel seines vierten Albums stehe für "die Sehnsucht nach Glücksgefühlen und der Leichtigkeit", die ihn immer wieder antreibe, erläuterte er das Konzept ebenso schmachtend wie überaus diffus im Vorfeld. Selbst im plätschernden Schlager tritt der seinerzeit siegreiche Teilnehmer von "Deutschland sucht den Superstar" überaus betulich auf. Davon zeugt gleich der eröffnende Titelsong "Süchtig" über eine frische Liebe.

Roselly skizziert anhand von Alltagsbeobachtungen die sinnestäuschenden Effekte seiner entflammten Leidenschaft. "Die Luft riecht jetzt anders - ganz mild und süß", singt er mit provozierend dünner Stimme. Doch Vorsicht, so manche Indizien könnten darauf hindeuten, dass ihn in Wahrheit jemand auf medikamentösem Wege gefügig macht: "Ich höre jetzt plötzlich ganz andere Musik, ich lächle sogar, wenn ich 'ne Rechnung krieg'." Ob er wirklich nur "Süchtig" nach dem Liebestaumel ist? Also sobald auch noch das Essen anfängt, bitter zu schmecken, wird es höchste Zeit, die Flucht zu ergreifen.

Woran es ihm neben Urteilsvermögen mangelt, ist Sprachfertigkeit. "Ich lese dich wie mein Lieblingsbuch und ich kann trotzdem die Zeichen nicht verstehen", trällert er verquer die Musical-Einlage "Ich Halt Mein Herz Für Dich Bereit" und stellt damit die eigene Selbstüberschätzung doppelt unter Beweis. Und wie jüngst Chapo102 auf "Helldunkel" setzt er bevorzugt auf Floskeln: "Du kannst Liebe verdoppeln, wenn du sie teilst." Manchmal nutzt er schlicht Worte, deren Bedeutung ihm fremd sind, etwa wenn er als piccolo Cicero in "Luisa" erklärt: "Liebe plant man nicht. Man lässt sie einfach passieren."

Eine Spur geschickter stellt sich er sich beim Versuch an, Sommersongs à la Jennifer Lopez aufs Parkett zu bringen. Silla und Kolja Goldstein haben sich zuletzt an "If You Had My Love" bedient, Ramon Roselly tanzt in "Das Problem Ist" auf den Spuren von "Let's Get Loud". "Lass Sie Tanzen" fehlt zur strapaziösen Strand-Sause nur noch ein Gastspiel von Pietro Lombardi. Absonderlich ist allerdings, dass sich der gut gelaunte Sänger dem eigenen Feier-Appell entzieht. "Zwei Schönheiten winken, doch ich will nicht aufstehen", singt er gleichgültig, "Alle tanzen, tanzen, tanzen, aber ich lieg' einfach 'rum."

Größere Aktivität legt Roselly in "Lügen Haben Lange Beine" an den Tag. "Wir spüren dieses Fieber und ziehen uns mit Blicken aus", skizziert er die erotische Anziehungskraft in einer Bar, die darin resultiert, "Komplizen für die Nacht" zu sein, ein "kurzes Glück, dann endet die Reise." Eine merkwürdig euphemistische Umschreibung für den angepeilten, streng geheimen Quickie auf der Kneipentoilette. Wenn sein Produzent Jeo Mezei noch ein Schippe Glamour draufgelegt hätte, ginge der Song wenigstens als etwas angestaubter ESC-Beitrag Deutschlands durch.

Als wahrer Höhepunkt erweist sich "Männer Tuns Immer", der alles hält, was der Titel verspricht. Mit treudoofem Grinsen zeichnet Roselly ein hypertoxisches Bild des starken Geschlechts: "Sie kommen nachts aus ihrem Versteck, Testosteron in ihrem Gepäck, machen Jagd auf ihre Beute." Der wohl geistloseste Beitrag zur Geschlechterdebatte seit Michelles "Männer" charakterisiert eben jene als übergriffig, manipulativ, triebgesteuert, extrem eitel und zugleich komplexbeladen. In Wahrheit beschreibt er Persönlichkeitsstörungen, die er als possierliche, typisch männliche Verhaltensweisen verbucht.

Was dem akustischen Wahnsinn von "Männer Tuns Immer" fast schon wieder Humor verleiht, ist das weichgespülte Setting, in dem sich der unbedarfte Roselly bewegt, als bewerbe er sich um eine Gastrolle bei "Rote Rosen". Auf der konventionellen Männlichkeitsskala nach Kollegah befindet sich seine Bühnenfigur relativ weit unten im griechischen Alphabet. Und doch erklärt der Schlagersänger einigermaßen rapey, dass Männer nun mal "kein 'Nein'" kennen. Das ist derart irritierend, dass es fast schon wieder als Leistung durchgeht inmitten dieses kreativen Ödlands Mad Max'schen Ausmaßes.

Trackliste

  1. 1. Süchtig
  2. 2. Ich Halt Mein Herz Für Dich Bereit
  3. 3. Lügen Haben Lange Beine
  4. 4. Ich Will Nur Dich
  5. 5. Luisa
  6. 6. Männer Tuns Immer
  7. 7. Ein Engel Werd Ich Nie
  8. 8. Lass Sie Tanzen
  9. 9. Das Problem Ist
  10. 10. Das Will Ich Erleben
  11. 11. Du Bist Immer Bei Mir
  12. 12. Was Bleibt Von Einer Solchen Nacht?
  13. 13. Wir Danken Euch Dafür

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Roselly,Ramon – Süchtig €17,97 €3,00 €20,97

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Ramon Roselly

"Es ist das größte Geschenk für mich, Musik machen zu dürfen. Ich bin sehr dankbar für alles, was ich erleben darf", sagt Ramon Roselly gegenüber …

4 Kommentare mit 12 Antworten

  • Vor 3 Monaten

    Der Name klingt für mich ein bisschen wie der böse Zwillingsbruder von Ronny Rosetti.

  • Vor 3 Monaten

    Dieser Kommentar wurde vor 3 Monaten durch den Autor entfernt.

  • Vor 3 Monaten

    versteh gar nicht warum auf laut.de überhaupt sowas reviewd wird? Es gibt wahrschienlich keinen einzigen hier, der diese Reviews liest und sich für die Musik von Künstlern wie dem hier interessiert?

    Meine Vermutung: Reines Clickbait, damit Leute sich aufregen können oder schön ironisch kommentieren und sich selber feiern können. Mit Musik hat das hier nix zu tun.

    Stattdessen könnte man lieber Zeit investieren und vielleicht ein paar nicht ganz so Mainstream Künstler reviewen. Ich mein Tiny Tim hat nach wie vor nicht mal als Künstler einen Eintrag

    • Vor 3 Monaten

      "Mit Musik hat das hier nix zu tun."

      Das definierst Du?

    • Vor 3 Monaten

      Reg dich nicht auf, grundguter Para...

      ...der Typ ist doch bekanntermaßen verstrahlter als ein Hermelin im Hochsommer unterwegs hier! :mad:

    • Vor 3 Monaten

      Nach langer Überlegung und mehreren schlaflosen Nächten muss ich sagen, dass das Lächeln auf dem Cover eher so aussieht, als wenn er Mama, Papa und die Großeltern pflichtbewusst zum Geburtstagsessen eingeladen hat, und gerade sieht, wie sie auf dem Parkplatz der aktuellen Trendgastronomie in der heimischen Kleinstadt, "wo echt für jeden was dabei ist", aus dem Auto aussteigen.

      Diese Mischung aus erzwungener Freude und echter Erleichterung darüber, dass Oma nach ihrer Hüft-OP wieder laufen kann, gepaart dem ständig an einem nagenden Gedanken, dass man an diesem Tag so viele bessere Sachen hätte machen können – doch, das fühle ich.

    • Vor 3 Monaten

      Oh sorry, das sollte ein eigener Kommentar werden. Bin bisschen doof und so.

    • Vor 3 Monaten

      Das hat allerdings tatsächlich nichts mit Musik zu tun. Das hat er richtig definiert. Mit dem zweiten Absatz direkt ins Schwarze getroffen.

      Unfickbar.

    • Vor 3 Monaten

      Ich lese die Verrisse sehr gerne, da sie üblicherweise sehr unterhaltsam geschrieben sind. Zudem ist es als Rezensent*in sicherlich immer eine schöne Abwechslung und zugleich Fingerübung.
      Abgesehen davon gibt's ja wohl wirklich Leute, die so einen Scheiß kaufen. Das macht eine Auseinandersetzung damit ja schon irgendwie relevant.

    • Vor 3 Monaten

      Reg dich nicht auf Paramann. Wiesel ist ein Feigling der denkt nur weil er jemanden kennt der Roman Rosetti heißt kann er ihn mal so richtig von hinten die Schnürsenkel zubinden oder er denkt, mit mir kann er es ja machen. Für letzteres spricht auch die Tatsache, dass er nur einen von drei Personen geantwortet hat, welche sich positiv über ihn äussern. So oder so, es ist mir scheiss egal was so ein Möchtegern schreibt. Wers braucht.

    • Vor 3 Monaten

      Das stimmt natürlich auch auffallend!

    • Vor 3 Monaten

      Wenn das keine Musik ist, dann ist das hier keine Webseite und das hier kein Kommentar.

    • Vor 3 Monaten

      es ist Musik was der Ramon Roselly Typ da macht, aber die Review hat nichts mit Musik zu tun. Weil diese ganze Review nicht drauf ausgelegt ist, von potentiellen Hörern gelesen zu werden. Es geht nur um Klicks und man weiß, dass solche Verrisse gern gelesen werden. Eine seriöse Musikseite sollte das aber nicht nötig haben.

      Denke die Leute die das Album hören können entweder noch nicht oder nicht mehr lesen

    • Vor 3 Monaten

      Bloß keinen Spaß erlauben Citic, es geht ja schließlich noch um das geopolitische ernste Thema Musik. Dreh dich weg du Playerhater.

    • Vor 3 Monaten

      aufzugseil Herzlich willkommen in unserer Community, du scheinst neu zu sein

  • Vor 3 Monaten

    Dieser Kommentar wurde vor 3 Monaten durch den Autor entfernt.